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Microsoft stellt das Windows Phone-7 vor.

© AFP

Smartphones: Das Imperium Microsoft schlägt zurück

Mit dem neuen Phone-7 will Microsoft mit Macht auf den Markt für Smartphones. Ein Scheitern hätte fatale Folgen, es könnte sogar das Ende für Steve Ballmer als Chef bedeuten.

Hamburg - Von wegen Fest der Liebe. Weihnachten wird ein erbarmungsloses Hauen und Stechen. Jedenfalls auf dem Smartphonemarkt. Wenn die Verkäufer am 21. Oktober in 17 europäischen Staaten die neuen Windows-Smartphones in die Regale räumen werden, geht die Schlacht los: Apple, Google, RIM (Blackberry) und Nokia mit seinem Hoffnungträger N8 sind schon da. Microsoft-Chef Steve Ballmer wird mit einem geschätzten weltweiten Marketingaufwand von 500 Millionen Dollar für seine Phone-7 genannten Smartphones nachrüsten. Der Ausgang des Kampfes ist ungewiss.

Klar ist nur, dass Microsoft diesmal auf der Gewinnerseite sein muss. Ein Scheitern hätte fatale Folgen, es könnte nach Meinung von Beobachtern sogar das Ende für Steve Ballmer als Chef bedeuten. Es geht um mehr als nur ein neues Smartphone. Das Phone-7 ist Microsofts Eintrittskarte in die Zukunft. Mit der zunehmenden Bedeutung mobiler Endgeräte verliert die von dem Betriebssystem Windows dominierte PC-Welt an Einfluss. Ballmer ist schon zum zweiten Mal in die Defensive geraten: Zuerst hat ihn Apple mit dem iPhone ausgestochen, dann auch noch Google mit seinem Android-Betriebssystem, zum Schluss setzte Apple-Gründer Steve Jobs mit seinem iPad auch noch im Tablet-PC-Markt die Referenzmarke.

Jetzt beschreitet Microsoft neue Wege. Hersteller, die ein Smartphone mit dem Windows-Betriebssystem produzieren wollen, müssen sich an feste Hardwarevorgaben halten. So werden etwa die Anzahl und die Platzierung der Knöpfe unter dem Startbildschirm vorgeschrieben. Die Benutzeroberfläche darf auch von den Mobilfunkbetreibern nur noch minimal mit eigenen Anwendungen angereichert werden. So sollen die Windows-Geräte erstmals einen einheitlichen, wiedererkennbaren Look bekommen, wie das iPhone.

Der Absturz der alten Windows Mobile-Smartphones war atemberaubend. Mit kleinen Plastikstiften zu bedienen und verschachtelten Menüs wie auf dem PC, oft langsam und mit zu schwacher Hardware ausgestattet, waren sie eher geduldet als geliebt. In Scharen liefen die Käufer davon, als Apple zeigte, wie es auch anders geht. Zum Schluss haben Unternehmen wie der Online-Telefondienst Skype entnervt die Entwicklung von Apps für Windows Mobile ganz eingestellt. Der Marktanteil sank so rapide, dass man es sich leisten konnte, das sterbende System nicht mehr zu bedienen.

Der Branchendienst iGR befragt einmal jährlich amerikanische Profi-Entwickler, für welche Plattform sie in den kommenden zwölf Monaten entwickeln werden. 2009 stand Windows Mobile noch an erster Stelle. 2010 war das System auf den vierten Platz hinter Apple, RIM (Blackberry) und Android (Google) durchgereicht.

Die Hardwarehersteller geben Microsoft dieses Weihnachten noch eine Chance. HTC, der am schnellsten wachsende Smartphonehersteller, wird gleich mit fünf Geräten an den Start gehen. Dell, Toshiba, Samsung und LG werden folgen. Hartnäckig halten sich Gerüchte, dass auch Nokia ein Windows-Smartphone auf den Markt bringen will. Der Chefentwickler des Nokia-eigenen Betriebssystems MeeGo hat gerade gekündigt. Wenig erstaunlich ist der Einstieg des Apple-Partners Deutsche Telekom. Noch dieses Jahr werden die Bonner die deutsche Exklusivlizenz für das iPhone verlieren. Der Weg ist also frei für Microsoft und seinen Mobilfunkmanager Achim Berg, der noch beste Kontakte zu seinem ehemaligen Arbeitgeber pflegt. HB

Axel Postinett

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