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Wirtschaft: So viele Leiharbeiter wie noch nie

Fast eine Million Menschen sind in der Branche tätig – die Gewerkschaften sehen darin eine Gefahr.

Berlin/Frankfurt am Main - So viele Menschen wie noch nie sind in Deutschland als Leiharbeiter tätig. Zum Stichtag Ende Juni vergangenen Jahres waren es 910 000, das waren 103 000 oder 13 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie aus einer Analyse der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom Freitag hervorgeht. Ein Drittel dieser Jobs waren Hilfstätigkeiten, fast genauso viele Zeitarbeiter arbeiteten in einem Dienstleistungsjob. Nur jeder fünfte war in einem Fachberuf des Metall- und Elektrobereichs tätig.

Im Vergleich zu Ende 2009, als die Wirtschaftskrise zu Ende ging, ist die Zeitarbeit damit um die Hälfte gewachsen. Die Firmen nutzen laut BA diese Beschäftigungsform, um in frühen, unsicheren Phasen eines Aufschwungs ihr Personal aufzustocken. Wachse die Wirtschaft beständig, deckten sie dann mit Leiharbeit Auftragsspitzen und Personalengpässe ab. Arbeitslose können der BA zufolge mit der Zeitarbeit einen Weg zurück in den Job finden: Zwei Drittel der Beschäftigten waren zuvor arbeitslos, heißt es im Bericht.

Allerdings werden viele Leiharbeiter schlechter bezahlt als ihre fest angestellten Kollegen, die Jobs sind zudem eher kurzlebig: Jedes zweite Beschäftigungsverhältnis war nach weniger als drei Monaten zu Ende. Insgesamt verdienen drei von hundert Beschäftigten ihr Geld als Zeitarbeiter. Die Gewerkschaften sehen die Zunahme allerdings kritisch, weil dort meist weniger gezahlt wird. Seit Jahresanfang gilt aber ein Mindestlohn in der Branche von 7,01 Euro im Osten und 7,89 Euro im Westen. Tarifverhandlungen über Branchenzuschläge und Einsatzzulagen sollen im Februar beginnen.

Es gebe einen „Missbrauch“ von Zeitarbeit, kritisierte IG-Metall-Vizechef Detlef Wetzel in Frankfurt am Main. Deutschland benötige eine ausbalancierte Wirtschaftsentwicklung, ergänzte Gewerkschaftschef Berthold Huber. „Mit dem ausufernden Niedriglohnsektor kann das nicht gelingen.“ Das bremse die wirtschaftliche Dynamik. „Die miserable Vergütung bei prekärer Beschäftigung frisst unsere tarifvertraglichen Lohnerhöhungen auf“, sagte er.

Die IG Metall sieht sich derweil für die anstehende Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie gerüstet. „Die Beschäftigten haben sich eine faire Einkommenserhöhung redlich verdient", sagte Huber. Die IG Metall konnte zuletzt das erste Mitgliederplus seit 20 Jahren verzeichnen. „Die Trendwende ist geschafft", befand der Vorsitzende. Netto gab es ein Plus von 6200 Mitgliedern, jetzt zählt sie 2,246 Millionen Mitglieder. brö/ro

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