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Wirtschaft: So wenige Arbeitslose wie Ende 2001

Im Mai waren 3,8 Millionen Menschen ohne Job – die Zahl soll weiter zurückgehen

Berlin - Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland geht weiter zurück – das Tempo hat sich allerdings etwas verlangsamt. Im Mai waren mit rund 3,8 Millionen Menschen 161 000 weniger arbeitslos gemeldet als im April, teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag mit. Das ist der niedrigste Stand seit November 2001 – also seit fünfeinhalb Jahren. Gegenüber dem Vorjahresmonat fiel die Zahl um 732 000. „Das dynamische Wirtschaftswachstum und die Frühjahrsbelebung lassen die Arbeitslosigkeit weiter sinken“, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise in Nürnberg. Die Nachfrage nach Arbeitskräften bleibe auf „sehr hohem Niveau“. In der Region Berlin-Brandenburg fiel die Zahl der Menschen ohne Job auf 470 681 und damit auf den tiefsten Stand seit November 2000.

Bundesweit ging die Arbeitslosenzahl im Mai etwas langsamer zurück als noch im Vorjahr. Saisonbereinigt nahm die Arbeitslosigkeit sogar leicht zu. Das lag allerdings vor allem am milden Winter und an der rasanten Entwicklung in den vergangenen Monaten. „Der Trend ist etwas schwächer als im letzten Jahr“, sagte Hilmar Schneider, Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn, dem Tagesspiegel. Trotzdem sei der Abwärtstrend bei der Arbeitslosigkeit intakt.

BA-Chef Weise musste am Donnerstag eine Panne einräumen. Seinem Haus ist beim Zählen der Arbeitslosen in den vergangenen Monaten ein Fehler unterlaufen, die Arbeitslosenzahlen wurden deshalb zu niedrig angegeben – im Januar um etwa 37 500. Auch im Mai würde die Zahl ohne den Fehler um rund 6000 höher liegen als gemeldet, sagte Weise.

Für die weitere Entwicklung gab sich Weise zuversichtlich. Schon im Herbst könne die Zahl der Arbeitslosen unter die Grenze von 3,5 Millionen fallen, wenn die wirtschaftliche Dynamik andauere und das Wetter gut bleibe, sagte Weise. Unter 3,5 Millionen lag die Arbeitslosenzahl zuletzt vor zwölf Jahren. Inzwischen profitierten auch Jugendliche vom Aufschwung am Arbeitsmarkt, sagte Weise. So sei die Zahl junger Erwerbsloser unter 25 Jahren seit dem vergangenen Jahr um ein Viertel auf rund 400 000 gesunken.

Immer mehr Menschen finden durch den Aufschwung eine reguläre Vollzeitstelle. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lag nach neuesten Berechnungen im März bei 26,56 Millionen und damit um 618 000 höher als ein Jahr zuvor. „Im Moment strömen die Leute aus der stillen Reserve zurück in den Arbeitsmarkt“, sagte Experte Schneider. Der Abbau der Arbeitslosigkeit wäre sonst wahrscheinlich noch stärker.

Schneider sieht nun gute Chancen, die Arbeitslosenzahlen erstmals auch langfristig zu senken. „In den vergangenen Jahrzehnten hatten wir nach jedem wirtschaftlichen Aufschwung immer noch eine höhere Arbeitslosigkeit als beim Aufschwung zuvor“, erklärte der Arbeitsmarktforscher. „Jetzt sind wir dabei, diesen Trend der steigenden Sockelarbeitslosigkeit zum ersten Mal zu durchbrechen.“ Zum Höhepunkt des letzten Aufschwungs im Jahr 2001 lag die durchschnittliche Arbeitslosenzahl bei 3,8 Millionen. „Wir sind auf einem guten Weg, diese Zahl im kommenden Jahr zu unterschreiten“, sagte Schneider. Für 2007 rechnet er allerdings ähnlich wie die BA noch mit rund 3,9 Millionen Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt.

In den vergangenen zwei Jahren hat sich der deutsche Arbeitsmarkt in atemberaubenden Tempo erholt. Die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen hat sich in diesem Zeitraum um etwa eine Million verringert. Die Politiker der verschiedenen Parteien riefen am Donnerstag gegenseitig zu weiteren Reformen auf. Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) forderte „noch mehr Tempo“ beim Abbau der Arbeitslosigkeit. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) erklärte, der Aufschwung komme mehr und mehr bei der Bevölkerung an. Die Arbeitnehmereinkommen stiegen und verstärkten den Aufschwung. Kritik kam vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). An den Langzeitarbeitslosen gehe der Aufschwung vorbei, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Auch in der Region Berlin-Brandenburg ging die Zahl der Arbeitslosen im Mai deutlich zurück. Die Arbeitslosenquote lag mit 15,5 Prozent um 1,9 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. In Berlin waren im Mai 268 306 Menschen arbeitslos gemeldet, 2956 weniger als im Vormonat. Arbeitssenatorin Heidi Knake-Werner (Linke/PDS) betonte, erstmals seit vielen Jahren seien in Berlin weniger als 16 Prozent der Menschen arbeitslos gemeldet.

Stefan Kaiser

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