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Ein knappes Jahr bleibt dem Modulehersteller Aleo Solar in Prenzlau. Wenn bis dahin kein Käufer gefunden wurde, macht Bosch die Fabrik dicht.

© dpa

Solarindustrie: Sonne rechnet sich nur mit System

Lange Jahre galten die deutschen Modulehersteller als Leuchttürme der Solarbranche – auch in Brandenburg. Diese Zeiten sind vorbei. Doch es gibt noch Hoffnung.

Von Matthias Matern

Potsdam - Nach der jüngsten Hiobsbotschaft für Brandenburgs Solarbranche scheint sich zumindest für den ehemaligen Standort von First Solar in Frankfurt (Oder) eine Lösung abzuzeichnen. Die Firma steht offenbar kurz vor dem Abschluss eines Vertrages über die Nachnutzung ihrer Ende 2012 aufgegebenen Fabriken. „Wir sprechen mit mehr als einem Interessenten und gehen davon aus, dass die Sache in den nächsten sechs Wochen über die Bühne geht“, sagte Werkleiter Burghard von Westerholt auf Anfrage. Kurz nach dem angekündigten Rückzug des Technologiekonzerns Bosch aus dem Geschäft mit der Sonnenenergie und damit auch aus dem Modulehersteller Aleo Solar in Prenzlau wäre das eine positive Nachricht für die Solarwirtschaft der Region. Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) kündigte unterdessen Unterstützung bei der Investorensuche für Aleo Solar an.

Bosch trennt sich von seiner defizitären Solarsparte und will dabei auch 90,7 Prozent am Oldenburger Modulebauer Aleo Solar loswerden. Die Firma fertigt in Prenzlau seit 2002 Dünnschichtmodule, schreibt aber wegen der Krise in der Solarbranche rote Zahlen. Der Umsatz fiel im vergangenen Jahr um 39 Prozent auf 279,9 Millionen Euro, der Verlust betrug 77 (Vorjahr: 30,5) Millionen Euro. Eigenen Angaben zufolge beschäftigt Aleo Solar rund 700 Mitarbeiter im strukturschwachen Nordbrandenburg. Um das Werk zu retten, bleibt knapp ein Jahr Zeit. Bis März 2014 hat Bosch dem Unternehmen die Finanzierung zugesichert. Die Chancen, angesichts der Überkapazitäten in der Branche einen Käufer zu finden, beurteilt Peter Ernsdorf von der IG Metall Ostbrandenburg skeptisch. „Zwar hat die Solarbranche nach wie vor Potenzial, doch die Rahmenbedingungen sind derzeit relativ unstimmig“, meint der Gewerkschafter.

Lange Jahre galten die deutschen Modulehersteller als Leuchttürme der Branche – auch in Brandenburg. Nachdem sich etwa vor rund sieben Jahren mit First Solar, dem Hamburger Unternehmen Conergy und dem brandenburgischen Start-up Odersun gleich drei Firmen in Frankfurt (Oder) ansiedelten, erklärte Brandenburgs damaliger Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) die bis dahin für Pleiten bekannte Oderstadt kurzerhand zur Solarmetropole. Insgesamt flossen Angaben des Ministeriums zufolge 55,8 Millionen Euro Fördermittel an die drei Firmen.

Längst aber haben die deutlich günstigere Konkurrenz aus China, Managementfehler und endlose Debatten über die Solarförderung hierzulande den Traum platzen lassen. Odersun musste vor rund einem Jahr trotz staatlicher Nothilfen des Landes Brandenburg Insolvenz anmelden. First Solar kündigte zur gleichen Zeit seinen Rückzug aus Deutschland an. In Frankfurt saßen plötzlich zum Jahresende 1200 ehemalige First-Solar-Beschäftigte auf der Straße. Übrig ist am Standort an der Oder heute nur noch Conergy. Das Unternehmen gilt aber ebenfalls als angeschlagen und hat hohe Schulden. Die eigene Zell- und Waferproduktion wurde eingestellt. Mittlerweile laufen die Geschäfte nach Unternehmensangaben aber wieder gut.

„Die Produktion ist voll ausgelastet“, sagte Conergy-Sprecherin Antje Stephan. Gerade erst seien in Frankfurt rund 4000 Module für den griechischen Markt gefertigt worden. Doch wie Aleo schreibt auch Conergy weiter Verluste. Bei einem Umsatzrückgang von 37 Prozent auf 473,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr stand am Ende ein Verlust von 84 Millionen Euro. Damit wurde der Fehlbetrag des Vorjahres immerhin halbiert. Im laufenden Jahr soll der Umsatz vor allem mit Großanlagen in Asien auf 650 bis 750 Millionen Euro steigen.

Experten zufolge hat die reine Moduleproduktion am Standort Deutschland keine Zukunft – zumindest solange die chinesische Regierung ihre Firmen weiter mit Milliardenkrediten stützt. Vielmehr seien Unternehmen gefragt, die komplette, maßgeschneiderte Anlagen anbieten und dabei auch andere Formen der Energiegewinnung und neueste Speichertechnologien miteinbeziehen, sagt Toralf Schapke, Geschäftsführer der Solarregion Berlin-Brandenburg. „In der Automobilindustrie fragt auch keiner danach, wer den Motor gebaut hat. Da zählt nur das Auto“, so Schapke. Dem Branchenverband zufolge gibt es landesweit derzeit etwa 25 solcher Systemhäuser, meist mit jeweils 50 bis 100 Beschäftigten. Einige davon, wie zum Beispiel die Eberswalder Firma Mp-tec, gibt es schon relativ lange.

Im Vergleich zu den großen Namen der Moduleproduktion mit ihren Hunderten von Beschäftigten führten sie jedoch bislang eher ein Schattendasein. Derzeit beschäftigt Mp-tec 75 Mitarbeiter. Auch an diesem Systemhaus war das vergangene Jahr nicht spurlos vorbeigegangen. Die Preise für Module brachen um rund 40 Prozent ein und die Einspeisevergütung für Solaranlagen wurden hierzulande gekürzt. „Wir haben damals 15 Mitarbeiter entlassen; inzwischen haben wir die Mannschaft aber wieder zusammen“, sagt Geschäftsführer Michael Preißel. Das Unternehmen vertreibt im Großhandel Produkte aus den Bereichen Fotovoltaik, Solarthermie und Montagetechnik. Ferner plant und entwickelt Mp-tec Montagesysteme für Solarmodule und Solargroßanlagen.

Vielen der großen deutschen Moduleherstellern wirft Preißel vor, sich „mit fremden Geld vollgesogen“ zu haben und ihre Zahlen zur Beruhigung der Investoren und der öffentlichen Förderer teilweise geschönt, aber nie richtige Gewinne gemacht zu haben. Da sich der Markt ständig ändere, sei es wichtig, flexibel zu bleiben, so der Mp-tec-Chef. „Man sollte außerdem möglichst wenig Schulden haben, weil sonst nur immer mehr Leute mitreden wollen.“

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