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Wirtschaft: Solbes wird Spaniens neuer Superminister

Durch den Abgang des EU-Währungskommissars sinken die Chancen auf eine schnelle Reform des Stabilitätspaktes

Brüssel (am/jh/sce/HB). Die EUKommission von Romano Prodi befindet sich in Auflösung. Wirtschafts- und Währungskommissar Pedro Solbes folgt der Bitte von Spaniens künftigem Ministerpräsidenten José Manuel Zapatero, Mitte April Superminister für Wirtschaft und Finanzen zu werden. Damit sinken die Aussichten einer baldigen Reform des europäischen Stabilitätspaktes, für die Solbes in Kürze einen Vorschlag vorlegen wollte. Und mit dem für die Regionalförderungs-Kommissar Michel Barnier droht der Behörde in der Schlussphase der Verhandlungen über die EU-Verfassung zudem einer ihrer beiden Unterhändler verloren zu gehen.

Die Amtszeit der Prodi-Kommission läuft Ende Oktober aus. Barnier schaut mit Spannung dem kommenden Sonntagabend entgegen. Verlieren Frankreichs Konservative bei der Stichwahl der Regionalwahlen weiter an Boden, fürchtet der EU-Kommissar seine baldige Abberufung nach Paris. Damit müsste er auf die angestrebte weitere Amtszeit in Brüssel verzichten. Denn in Frankreich wird seit dem ersten Wahlgang am letzten Sonntag über eine Kabinettsumbildung spekuliert. Innenminister Nicolas Sarkozy wird als möglicher Premierminister gehandelt. Barnier könnte das Innenressort übernehmen, wird in Paris und Brüssel gemutmaßt.

Solbes spekulierte nach dem Wahlsieg der spanischen Sozialisten zunächst auf seine dritte Berufung in die künftige EU-Kommission. Als Hüter des Stabilitätspaktes hatte er sich 2003 mit den Defizitsündern Deutschland und Frankreich angelegt. Sein einst gutes Verhältnis zu Bundesfinanzminister Hans Eichel gilt nun als angespannt. Der Zusage an Zapatero gingen intensive Gespräche mit dem designierten Regierungschef voraus. Solbes verlangt einen Stabilitätsprogramm, das Ärger mit Brüssel ausschließt.

Als aussichtsreichster Nachfolger des Spaniers gilt Enrique Baron Crespo, Fraktionschef der Sozialisten im EU-Parlament. Kreise der spanischen Sozialisten nennen zudem Joaquin Almunia, den Ex-Arbeitsminister. Den ersten Aderlass erlebte Prodi bereits im Februar, als die griechische Sozialkommissarin Anna Diamantopoulou Brüssel aus innenpolitischen Gründen verließ.

Auch Verheugen könnte gehen

Die Abgänge belasten die Arbeit der Kommission, obgleich die Behörde nur noch wenige Vorhaben plant. Zwei wichtige Dossiers muss sie noch vorantreiben: Im Juni sollen die Gesetzesentwürfe zur mittelfristigen EU-Finanzplanung für 2007 bis 2013 vorgelegt werden. Das Ausscheiden von Solbes werde die Arbeiten belasten, heißt es in der Kommission. Sorgen bereitet in Brüssel zudem ein möglicher Wechsel von Erweiterungskommissar Günter Verheugen nach Berlin. Er arbeitet derzeit am Bericht der Kommission über die Fortschritte der Türkei. Eine Abberufung würde die Arbeiten verzögern.

Im Dezember wollen die Regierungschefs der EU auf der Grundlage des Berichts über den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei entscheiden. Obwohl Bundeskanzler Gerhard Schröder eine Kabinettsumbildung mehrfach ausgeschlossen hat, reißen in Brüssel entsprechende Vermutungen nicht ab. Im Rahmen einer Regierungsumbildung könnte der Kanzler Verheugen noch vor der Sommerpause nach Berlin rufen.

Unterdessen beschlossen die EU-Finanzminister am Donnerstagabend auf ihrem Treffen in Brüssel, den Spanier Manuel Gonzalez-Parano in den Rat der Europäischen zentralbank zu berufen. Er folgt auf seinen Landsmann Eugenio Domingo Solans.

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