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Wirtschaft: Sonnenfinsternis in Deutschland

Hiesige Solarmodulhersteller enttäuschen die Anleger erneut. Jetzt soll US-Präsident Barack Obama helfen

Berlin - Knapp 30 Prozent Kursverlust an nur einem Tag: Aktionäre von Q-Cells, immer noch einer der führenden Solarmodulhersteller hierzulande, mussten zum Wochenstart besonders tapfer sein. Zwar fallen die Papiere beim Kurs von 82 Cent mittlerweile in die Kategorie „Pennystock“, starke Kursausschläge sind da schon aus mathematischen Gründen nicht selten. Allerdings handelte es sich am Montag um einen echten Ausverkauf: Kein anderes der 30 im Tec-Dax notierten Papiere wurde so häufig gehandelt. Platz zwei der Verkaufsschlager ging an die Aktie des Bonner Wettbewerbers Solarworld – das 15 Prozent an Wert verlor.

Beide Unternehmen hatten am Morgen Zahlen zum dritten Quartal vorgelegt, die noch schlechter waren, als von Analysten erwartet: Bei Q-Cells schmolz der Umsatz von Juli bis Ende September auf 229 Millionen Euro – von 400 Millionen im Vorjahresquartal. Aus einem Quartalsgewinn von fast 37 Millionen Euro im Sommer 2010 wurde nun ein Verlust von gut 47 Millionen. Zudem warf Marion Helmes, Finanzvorstand, ihren Job hin. Konzernchef Nedim Cen übernehme die Aufgabe künftig mit, teilte Q-Cells mit. Bei Solarworld unter Vorstandschef Frank Asbeck, dem Lautsprecher der Branche, lief es kaum besser: Hier brach der Umsatz im dritten Quartal von 342 auf 238 Millionen Euro ein. Unterm Strich verbuchte Solarworld ein Minus von neun Millionen Euro, nach einem Plus von 19,9 Millionen Euro im Vorjahresquartal.

Am heutigen Dienstag legt auch der angeschlagene Berliner Konkurrent Solon Zahlen vor. Auch in dem Fall erwartet vorerst niemand steigende Umsätze oder gar schwarze Zahlen.

Die Kursverläufe dieser und ähnlicher Unternehmen über die vergangenen zwölf Monate (siehe Grafik) waren Mitte März unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe von Fukushima in die Höhe geschossen. Händler nahmen an, dass auch deutsche Fotovoltaiktechnik nun weltweit viel stärker gefragt sein könnte. Schnell trat aber wieder Ernüchterung ein – bis Mitte Oktober. Da gab Solarworld bekannt, dass sich das Unternehmen in den USA mit anderen Unternehmen einer Klage gegen chinesische Billigimporte angeschlossen hat. Vor zwei Wochen signalisierte US-Präsident Barack Obama dann tatsächlich Bereitschaft, den Handelskonflikt mit China zu verschärfen. Gerüchte um Importzölle von bis zu 100 Prozent machten die Runde. Am dem Tag legte die Q-Cells-Aktie 31 Prozent zu.

Westliche Solarunternehmen hatten ihren Ton gegenüber der chinesischen Konkurrenz in diesem Jahr nochmal verschärft, als bekannt wurde, dass Peking seine Industrie mit Kreditbürgschaften von 30 bis 40 Milliarden Dollar stützt. Aber ist das der einzige Grund für die drohende Sonnenfinsternis hierzulande? Nein, sagt Karl-Heinz Remmers, Gründer und Chef des Berliner Branchendienstleisters Solarpraxis AG, der Investoren und Unternehmen im In- und Ausland berät. Mittlerweile gebe es auch in Taiwan, Japan und Korea schlagkräftige – und nicht im Chinamaßstab subventionierte – Wettbewerber. „Die Zeiten, in denen 80 Prozent aller Module in Mitteleuropa gefertigt, und verbaut werden, sind vorbei“, sagt Remmers. Zugleich dürfe man nicht vergessen, wie schnell sich die Branche weltweit entwickelt hat. In nur fünf Jahren habe sich das Volumen verzehnfacht.

Remmers rät den heimischen Herstellern, nicht auf Rettung durch Obama zu warten. „Im Prinzip haben sie zwei Möglichkeiten: Entweder sie schaffen aus eigener Kraft einen großen technologischen Sprung, oder sie werden von einem potenten Investor übernommen.“ Oder sie finden die Nische: Zulieferer wie SMA würden beweisen, dass man mit Sonnentechnik aus Deutschland durchaus noch gutes Geld verdienen kann, sagt er.

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