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Wirtschaft: Sony-BMG droht die Zerschlagung

Europäischer Gerichtshof kippt Fusions-Genehmigung der EU-Kommission / Musikkonzerne haben sieben Tage Zeit für neuen Antrag

Berlin - Der zweitgrößte Musikkonzern der Welt, Sony-BMG, muss binnen sieben Tagen bei der EU-Kommission eine neue Genehmigung für seine Fusion beantragen. Die im Juli 2004 erteilte Genehmigung hob der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag auf. Nach Ansicht der Richter hatte die Kommission nicht genau genug geprüft, ob Sony-BMG eine unzulässige monopolähnliche Stellung auf dem europäischen Markt hat.

Einem Kommissionssprecher zufolge ist damit völlig offen, ob die Behörde die Fusion erneut erlaubt oder im Nachhinein untersagt. Käme es zu einem Veto, müsste das deutsch-japanische Joint-Venture wohl aufgelöst werden. Das EuGH- Urteil geht auf eine Klage der internationalen Vereinigung von 2500 unabhängigen Musikproduzenten Impala zurück. Sie hatten erhebliche rechtliche Fehler der EU-Kommission bemängelt.

Sony-BMG mit Sitz in New York ist hinter Universal der zweitgrößte Musikkonzern der Welt mit 6000 Mitarbeitern. Der Konzern hat Künstler wie Avril Lavigne, Bruce Springsteen oder Alicia Keys unter Vertrag und machte 2005 einen Umsatz von 3,5 Milliarden Euro. Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, Bertelsmann wolle Teile von Sony BMG verkaufen, um mit dem Erlös den Rückkauf von Anteilen des bisherigen Mitgesellschafters GBL zu finanzieren. Der Konzern hatte die Gerüchte dementiert.

Bertelsmann gab sich in einer ersten Reaktion auf den Richterspruch gelassen: „Das heutige Urteil hat keine Auswirkungen auf den Bestand des Joint-Ventures“, teilte der Medienkonzern mit. „Wir werden das Urteil sorgfältig prüfen und mit der Europäischen Kommission die nächsten Schritte besprechen.“ Das Gemeinschaftsunternehmen sei bereits im August 2004 etabliert worden – „nach einer gründlichen Prüfung der Europäischen Kommission gemäß der gültigen Fusionskontrollverordnung“. Sony-BMG-Vorstandschef Rolf Schmidt-Holtz schrieb in einem Brief an die Mitarbeiter, der dem Tagesspiegel vorliegt, das Urteil habe keinen Einfluss auf das operative Tagesgeschäft. Sony-BMG werde seine Geschäfte wie gewohnt fortsetzen. „Wir sind zuversichtlich, dass die erneute Prüfung die ursprünglichen Ergebnisse der EU-Kommission bestätigen wird“, schreibt Schmidt- Holtz. Bei einer nachträglichen Untersagung der Fusion müsste das eher mühsam gebildete Gemeinschaftsunternehmen wieder zerschlagen werden. Erst vor wenigen Monaten wurde der von Sony eingesetzte Vorstandschef Andrew Lack durch Schmidt-Holtz ersetzt.

Ein Sprecher der EU-Kommission bezeichnete Spekulationen über eine mögliche Auflösung des Konzerns als „hypothetisch„ und „theoretisch“. Die Kommission habe zunächst zwei Monate Zeit, um zu entscheiden, ob sie gegen das erstinstanzliche EuGH-Urteil Rechtsmittel einlegt. Dies ändere jedoch nichts am Fristablauf im Kartellverfahren. „Wir nehmen an, dass die Rechtsanwälte schon dabei sind, sich vorzubereiten“, sagte der Sprecher unter Hinweis auf den neuen Genehmigungsantrag. Die Kommission werde den Antrag auf der Grundlage der heutigen Marktlage prüfen. Eine Genehmigung könnte dadurch erleichtert werden, dass Sony-BMG seit der Fusion spürbar Marktanteile verloren hat. Universal Music und Sony-BMG kontrollieren jeweils etwa ein Viertel des weltweiten Musikmarktes. Weitere 30 Prozent teilen sich die britische EMI und der US-Konzern Warner Music. Letztere werden nach dem EuGH- Urteil ihre Fusionsgespräche Kreisen zufolge wahrscheinlich aussetzen. Die Warner-Aktie brach an der New Yorker Börse zum Handelsstart um rund 15 Prozent ein. Emi-Aktien verloren in London knapp zehn Prozent.

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