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Wirtschaft: Sony kauft James Bond

Japanischer Elektronikkonzern übernimmt Hollywoodstudio MGM mit 4100 Filmen/Analysten skeptisch

Berlin Das letzte noch unabhängige Filmstudio in Hollywood, MetroGoldwyn-Mayer, wird künftig vom japanischen Elektronikkonzern Sony kontrolliert. Eine Investorengruppe unter der Führung von Sony übernimmt das legendäre MGM-Studio für rund fünf Milliarden Dollar – und sticht damit den größten Medienkonzern Time Warner aus, der in der Nacht zum Dienstag sein deutlich niedrigeres Angebot für MGM zurückgezogen hatte.

Rund 40 Prozent aller in Hollywood jemals produzierten Filme sind damit Schätzungen zufolge künftig im Besitz von Sony. Der Konzern erhält Zugriff auf 4100 Filme, die mit 200 Oscars ausgezeichnet wurden, sowie 10000 Fernsehprogrammtitel. In den 80 Jahre alten MGM-Archiven finden sich Filmklassiker wie „Ben Hur“, „Casablanca“ oder „James Bond“- und „Der rosarote Panther“-Reihen. Zusammen mit den eigenen 3500 Streifen verfügen die Japaner nun über die größte Filmbibliothek der Welt, die in Zukunft lukrativ im Fernsehen, auf DVD oder im Internet ausgewertet werden kann. MGM wird zu 74 Prozent von dem US-Multimilliardär Kirk Kerkorian kontrolliert, der das Filmstudio seit 1969 drei Mal gekauft und wieder abgestoßen hat. Die jetzige Transaktion dürfte ihm zwei Milliarden Dollar einbringen.

Gemeinsam mit dem größten US-Kabelnetzbetreiber Comcast will Sony seine Filme außerdem auf dessen Video-on-Demand-Systemen vermarkten. Beide Unternehmen vereinbarten zudem die Gründung neuer Kabelsender. Experten erwarten, dass Sony bis auf die „James Bond“- und „Panther“-Neuauflage alle restlichen Produktionssparten von MGM schließen wird.

Der Konzern setzt mit der Übernahme von MGM (einschließlich United Artists) seine Expansion im Musik- und Filmgeschäft fort. Erst kürzlich hatten sich die Sony-Musiksparte und die Bertelsmann Music Group (BMG) zum zweitgrössten Musikkonzern der Welt zusammengeschlossen. 1989 hatte sich Sony für 3,4 Milliarden Dollar Columbia Pictures und Tristar einverleibt. Die nach dem MGM-Kauf gewachsene Marktmacht im Filmgeschäft könnte Sony ferner helfen, sich mit seinem Format für die nächste DVD-Generation durchzusetzen.

Die Reaktionen auf den Filmdeal fielen am Dienstag aber nicht nur positiv aus. Die Ratingagentur Standard&Poor’s setzte Sony auf die Beobachtungsliste für eine eventuelle Herabstufung der Bonitätsbewertung (Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit). Der MGM-Kauf, der die Übernahme von zwei Milliarden Dollar geschätzter Schulden einschließt, könne die Bilanz belasten, hieß es zur Begründung. Einige Analysten sagten, Sony solle besser seine Kräfte bündeln, um die wankende Elektronikbranche zu stärken, die noch rund zwei Drittel des Konzernumsatzes ausmache. Die Sony-Aktie verlor im deutschen Handel am Abend 1,5 Prozent auf 28,85 Euro. Tsp

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