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Boom. Teils extreme Preissteigerungen bei Wohnimmobilien in Deutschland machen der Bundesbank Sorge.

© dpa

Sorge vor der Spekulationsblase: Bundesbank hält Immobilien auch in Berlin für überteuert

Die Preise für Eigentumswohnungen sind 2016 deutlich schneller gestiegen als in den Vorjahren. Die Bundesbank warnt: In Städten wie Berlin liegen die Preise 30 Prozent über dem gerechtfertigten Niveau.

Die Bundesbank macht sich zunehmend Sorgen über die Entwicklung der Immobilienpreise in Deutschland. Im aktuellen Monatsbericht ist zwar nicht von einer Spekulationsblase die Rede, die Währungshüter sprechen aber erstmals so deutlich von massiven „Preisübertreibungen“ und einem „Preisdruck“, der „nicht gerechtfertigt erscheint“. Die Bundesbank warnt damit hörbarer als andere Experten vor den Risiken des Immobilienbooms und der niedrigen Kreditzinsen. Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) bekräftigte hingegen seine Einschätzung, dass der Immobilienmarkt weiterhin gesund sei.

„Die Preisübertreibungen in den Städten betrugen gemäß aktuellen Schätzungen im vergangenen Jahr zwischen 15 und 30 Prozent“, schreiben die Bundesbanker. Diese hohen Aufschläge beträfen vor allem Eigentumswohnungen in den Großstädten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Auch die Mieten in den Städten seien 2016 überdurchschnittlich und deutlich um 4,75 Prozent gestiegen.

Der Bedarf ist viel größer als das Angebot

Der Anstieg der Wohnungs- und Häuserpreise ist den Angaben zufolge regional und bei allen Immobilienarten „breit angelegt“, ohne dass die Bundesbank Details zu einzelnen Regionen oder Städten nennt. Das zunehmende Angebot habe generell aber nicht ausgereicht, um den Preisdruck zu mildern, schreibt die Bundesbank. Experten zufolge müssten jährlich 380000 neue Wohnungen und Häuser gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Im vergangenen Jahr wurden bundesweit aber nur 250000 Einheiten fertiggestellt. Laut IW gibt es in Berlin einen jährlichen Baubedarf von 31230 Wohnungen, nur 10500 neue Einheiten kommen jedes Jahr aber hinzu.

„Die steigenden Preise sind gut erklärbar“, sagte IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer. „Die Nachfrage steigt und der Bau stagniert.“ Voigtländer sieht deshalb „keine extremen Zeichen einer spekulativen Blase“. Die Dynamik des Preisanstiegs hat allerdings im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Laut Bundesbank, die sich bei ihren Angaben auf diverse Erhebungen von Verbänden und Analysehäusern stützt, sind die Preise für Wohnimmobilien in den Städten 2016 um acht Prozent gestiegen – und damit stärker als in der Phase zwischen 2010 und 2015, als es im Schnitt jährlich 6,75 Prozent waren. Auch bei den Mieten gab es sowohl bei neuen Wohnungen als auch bei Wiedervermietungen ein deutliches Plus von 4,75 Prozent. „In ähnlichem Ausmaß hatten die Mieten in den Städten zuletzt in der Anfangsphase des jüngsten Nachfrageschubs nach Wohnraum 2011/2012 zugenommen.“ Die Bundesbank betont aber auch, dass sich die Mieten in den Großstädten zuletzt „merklich moderater“ verteuert hätten.

Investoren und Wohnungswirtschaft sehen eine Trendwende

Deutet sich damit ein Ende des Booms an? Der Zentrale Immobilien-Ausschuss (ZIA), der die Interessen der Wohnungswirtschaft vertritt, hatte kürzlich eine Trendwende auf den heißgelaufenen Immobilienmärkten vorausgesagt. „Viele Investoren sehen den Höhepunkt erreicht“, beobachtet auch Voigtländer. „Das ist ein gesundes Zeichen.“ Dies gelte auch für den Anstieg der Grundstückspreise in Städten, der sich zuletzt deutlich beschleunigt hat. Experten sehen darin ein Indiz dafür, dass Investoren ein vermehrtes Interesse am Bau von Mehrfamilienhäusern haben. Von einer scharfen Korrektur der Immobilienpreise sei nicht auszugehen, sagt Voigtländer. Moderat steigende Zinsen würden im laufenden Jahr nur „Luft aus dem Kaufmarkt nehmen“.

Die Volkswirte der Notenbank verweisen im Monatsbericht auch darauf, dass die kräftige Nachfrage nach Wohnraum weitgehend im Einklang stehe mit den guten Einkommensaussichten der privaten Haushalte und der günstigen Lage am Arbeitsmarkt. Und: „Die bereits zuvor historisch niedrige durchschnittliche Rate für Hypothekendarlehen ermäßigte sich 2016 weiter auf 1,6 Prozent.“ Zwar seien die Preise von Wohnimmobilien in den vergangenen drei Jahren schneller gestiegen als das durchschnittlich verfügbare Haushaltseinkommen. Aber die „außerordentlich günstigen“ Finanzierungskonditionen sorgten im Gegenzug beim Erwerb von Wohneigentum für Entlastung.

Laut Bundesbank reichen solche Faktoren zur Erklärung der Preissprünge allein aber nicht aus: „Insgesamt dürfte die im Berichtsjahr erhöhte Preisdynamik bei Wohnimmobilien über diejenige Entwicklung hinausgegangen sein, die durch demografische und wirtschaftliche Fundamentalfaktoren angelegt ist“, schreiben die Notenbanker. „Und auch die weiter ermäßigten Finanzierungskosten können nur einen Teil der zusätzlichen Dynamik erklären.“

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