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Markt gesucht. Facebook-Gründer Zuckerberg führte Gespräche in Peking.

© AFP

Soziale Netze: Facebook geht auf China zu

Der US-Webdienstleister Facebook will Medienberichten zufolge mit der chinesischen Suchmaschine Baidu ein Gemeinschaftunternehmen gründen. Das Verhalten von Facebook steht in Kontrast zum Vorgehen von Google.

Peking - Die beiden Schwergewichte der Internetwelt haben ein Abkommen über den Aufbau eines sozialen Netzes für den chinesischen Markt unterzeichnet, berichtet das Nachrichtenportal Sohu.com unter Berufung auf Baidu-Mitarbeiter. Da der Staat in China den Zugang zur Facebook-Webseite sperrt, liegt der Marktanteil des Unternehmens dort bisher sehr niedrig.

China wäre jedoch auch für Facebook ein wichtiger Markt: Dort sind bereits 450 Millionen Menschen online – und jährlich kommen gut 20 Prozent neue Nutzer hinzu. Analysten prognostizieren, dass der Werbeumsatz bis 2014 von derzeit vier auf 13 Milliarden Dollar steigen werde. Der Markt für soziale Netze wird dominiert von den Anbietern Renren.com und QQ.com. Dabei handelt es sich um harte Konkurrenten: Renren will offenbar noch in diesem Jahr eine halbe Milliarde Dollar an der Börse erlösen, um seine Kriegskasse zu füllen. Eine besonders starke Position hat auch der Onlinehändler Tencent, dessen Marktwert bereits den von Ebay übertrifft. Auch Tencent baut derzeit das Geschäft mit sozialen Diensten aus.

Weder Facebook noch Baidu bestätigten bisher die Unterzeichnung der Absichtserklärung. Der Bericht auf Sohu.com erscheint jedoch plausibel, weil Facebook-Gründer Mark Zuckerberg im vergangenen Dezember in China unterwegs war. Offiziell galt der Besuch als Urlaubsreise, doch Facebook hat zugegeben, dass Zuckerberg auch Baidu-Chef Robin Li zu Gesprächen getroffen hat. Ein lange vorhandenes Interesse an einem Markteinstieg in China ist ebenfalls kein Geheimnis. Im Februar hat das Unternehmen ein Büro in Hongkong eröffnet.

Auf seiner Chinareise hat Zuckerberg auch mit den Chefs des breit aufgestellten Portals Sina.com und des Telekomanbieters China Mobile gesprochen – noch ist also nicht sicher, mit wem er sich zusammentut. Baidu wäre jedoch der ideale Partner: Als Suchanbieter ist das Unternehmen stark im Markt verankert, jedoch bisher mit sozialen Netzen erfolglos. „Der wirtschaftliche Wert des Geschäfts mit sozialen Netzen ist bedeutsam“, sagte Baidu-Chef Li im Februar. Er hat dabei auch einen neuen Vorstoß in diese Richtung angekündigt. „Baidu will im Internet alles aus einer Hand anbieten“, sagt Analyst Li Muzhi von Mizuho Securities in Hongkong.

Das Verhalten von Facebook steht zugleich in Kontrast zum Vorgehen von Google, das die Kooperation mit der Regierung vor einem Jahr gekündigt hat. Seitdem bietet der Weltmarktführer keine Suchdienste mehr von inländischen Netzrechnern aus an, sondern leitet Anfragen nach Hongkong um. Wegen seiner kritischen Haltung gegenüber dem chinesischen Staat haben auch die verbleibenden Angebote von Google in China große Probleme. Der Kartendienst Google Maps steht vor dem Verlust seiner chinesischen Lizenz und operiert bereits in einer rechtlichen Grauzone.

Wie alle Internetfirmen in China müsste die neue Facebook-Tochter sich an die zahlreichen örtlichen Regeln halten. Das bedeutet: sofortige Löschung unliebsamer Inhalte und laufende Zensur auch aller Einträge. Seit Präsident Hu Jintao eine neue Kampagne für „eine bessere Steuerung und Anleitung der öffentlichen Meinung im Internet“ verkündet hat, verschwinden selbst Beiträge sofort, die nur die Andeutung einer politischen Botschaft enthalten könnten. Größere Anbieter beschäftigen Hunderte Angestellte ausschließlich zum ständigen Mitlesen. In China soll auf keinen Fall passieren, was in Tunesien und Ägypten passiert: Die Koordination der Massen gegen ein undemokratisches System über das Internet. Finn Mayer-Kuckuk/HB

Finn Mayer-Kuckuk

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