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So soll das neue Soziale Netzwerk von Google aussehen.

© Reuters

Soziale Netzwerke: Google sagt Facebook den Kampf an

Der Internetriese möchte es mit "Google+" besser machen als Facebook. Muss er auch. Denn sein Nachholbedarf in Sachen Soziales Netzwerk ist groß.

Google schlägt zurück mit Circles, Sparks, Huddle und Treffpunkte. So heißen die Anwendungen unter Google+, mit denen der Konzern die Aufholjagd zu Facebook startet. Mit dem Projekt will der Internet-Gigant einen Gegenpol zum weltgrößten Sozialen Netzwerk setzen. Der Erfolg hängt allerdings maßgeblich davon ab, ob die Nutzer wirklich bereit sind, zu wechseln. Mit rund 700 Millionen Nutzern weltweit hat Facebook bereits eine enorme Masse der Menschen mit Internetzugang in der Welt erreicht. Das Unternehmen strebt an die Börse und wird derzeit mit bis zu 100 Milliarden Dollar bewertet. Daneben gibt es Dienste wie Twitter, LinkedIn, Xing oder MySpace.

„Die Frage ist, ob da genug Platz ist, für noch eine Plattform“, sagt Ralf Kaumanns, Geschäftsführer des Informationsdienstes Strategyfacts.com. Immerhin greifen aber jeden Monat etwa eine Milliarde Nutzer auf Googles Dienste zu. Wie groß deren Drang ist, ihr soziales Netzwerk zu wechseln ist unklar. Das bedeutet allerdings nicht, dass dieser Trend unumkehrbar ist. Denn Facebook ist in Sachen Missbrauch der Privatsphäre gebrandmarkt. Um sich vom schlechten Image des Konkurrenten abzuheben, wirbt Google+ deshalb jetzt mit schickem Design und einem sensibleren Umgang mit privaten Angaben. Besserer Datenschutz soll vor allem dadurch zustande kommen, dass leichter gesteuert werden kann, wer die eigenen Veröffentlichungen zu sehen bekommt.

Google+ ist nicht komplett neu

Google ist gezwungen, seinem Konkurrenten etwas entgegenzusetzen. Beide Internetfirmen machen ihr Geld mit Werbung und sind abhängig davon, dass möglichst viele Menschen ihre Seiten besuchen. Zudem experimentiert Facebook gemeinsam mit dem Google-Erzrivalen Microsoft an einer "Sozialen Internet-Suche", bei der Informationen aus dem Bekanntenkreis eines Nutzers stärker im Vordergrund stehen. Schon seit Jahren arbeitet Google daran, seinen Service mit neuen Produkten zu erweitern und zu verbessern. Auf seinem offiziellen Blog hatte der Konzern angekündigt, seine Suchseite in den kommenden Monaten zu überarbeiten. Sie soll ein übersichtliches Design erhalten und die Google-Produkte besser hervorheben.

"Google+ ist nicht komplett neu, neu ist nur die Kombination", sagt Kaumanns. "Es bedient sich aus dem eigenen Baukasten und integriert vorhandene Produkte unter dem Gesichtspunkt der sozialen Vernetzung." Den wesentlichen Unterschied etwa zu Facebook sieht der Experte darin, dass Google mehr Gewicht auf die Privatsphäre lege. "Ich kann mir bei Google+ genau aussuchen, welche Informationen ich mit wem teile", sagt er. So schließe Google einen Kompromiss zwischen dem Bedürfnis, Informationen zu teilen und dem Bedürfnis nach Privatsphäre. "Es ist keine exakte Kopie von Facebook, es verfolgt ein anderes Konzept."

Erster Eindruck - gut aufgeräumte Oberfläche

Dabei ist Google+ nicht der erste Versuch des Unternehmens, in der Welt der sozialen Netzwerke Fuß zu fassen. Das Google-Netzwerk Orkut zum Beispiel war ein großer Erfolg in Brasilien und Indien, ist in anderen Ländern aber so gut wie unbekannt. Andere Beispiele sind der Kommunikationsdienst Google Wave, der den meisten Nutzern einfach zu kompliziert war oder das Projekt Google Buzz, das wegen Problemen beim Datenschutz massive Kritik auf sich zog und mit dem der Konzern eine Bauchlandung erlitt. Auch mit seinem an Facebook erinnernden Gefällt-mir-Button "+1" hatte der Konzern bisher wenig Erfolg. Damit sollen seit Juni Themen bewertet werden. Eigentlich wurde die Einführung des Buttons mit dem Start von Google+ erwartet. Diesen Schritt scheint Google aber vorgezogen zu haben, um die Webnutzer bereits im Vorfeld an die neue Technologie zu gewöhnen. Schlussendendlich folgt nun "Google+" - womit der Konzern Facebook erkennbar angreifen will.

Das neue Soziale Netzwerk kommt aufgeräumt daher. Seit Monaten war in Foren auch über den Gegenentwurf zu Facebook spekuliert worden. Erste Kommentare im Netz zeigen, dass die Oberfläche des neuen Google-Dienstes gut ankommt. Der Internetdienst TechCrunch führt das darauf zurück, dass Andy Hertzfeld, der als junger Entwickler vor mehr als 30 Jahren die Benutzeroberfläche des ersten Apple Macintosh gestaltete, seit 2005 für Google arbeitet und bei dem neuen Dienst erstmals sichtbar seine Akzente setzen durfte.

Derzeit läuft Google+ aber noch im Testbetrieb und kann nur auf Einladung hin genutzt werden. Wann das Produkt für alle zugänglich sein wird, verrät Google noch nicht. Auf der Google-Plus-Seite gibt es eine Art Warteliste, auf der man seine Mail-Adresse hinterlegen und sich bewerben kann. Um bei der Aufholjagd nicht hinten zu bleiben und unabhängig zu werden, muss Google jedoch seinen neuen Dienst bald öffentlich machen. Unterdessen reagierte Facebook gelassen auf die Ankündigung des Konkurrenten: "Wir befinden uns in einer frühen Phase, in der das Netz gerade erst anfängt, sozialer zu werden", lautet das knappe Statement. "Da sind überall noch viele Möglichkeiten für Innovationen."

Die Konkurrenz schläft jedenfalls nicht. Facebook experimentiert gemeinsam mit Microsoft an einer sozialen Internetsuche, bei der Informationen aus dem Bekanntenkreis eines Nutzers stärker im Vordergrund stehen. Das zielt direkt auf Googles Kerngeschäft. Für viele Nutzer ist es interessanter zu erfahren, welche Restaurants von Freunden empfohlen werden, als einfach nur alle Restaurants im Umkreis aufgelistet zu bekommen. Google-Mitbegründer Larry Page soll bei seiner Rückkehr an die Konzernspitze im Frühjahr den Erfolg bei sozialen Onlinediensten zu einer Top-Priorität ausgerufen haben.

Was Google+ kann, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Das neue Netzwerk bietet unter einem Dach ähnliche Dienste wie Facebook, Twitter oder Skype an. So können Nutzer beispielsweise wie bei Facebook den Standort angegeben und ihre Fotos zur Schau stellen. Bei der ersten Anmeldung verknüpft Google+ sämtliche Kontaktdaten aus dem persönlichen Adressbuch, das man bei Google gespeichert hat, mit dem neuen Netzwerk.

Teilen mit Menschen, die wichtig sind

Der Konzern wirbt damit, dass Nutzer ihre Informationen nur mit ausgewählten Menschen teilen können, in dem sie in Kreise, so genannte "Circles", einteilen. Dabei sollen auch feine Unterschiede gemacht werden können. Außerdem kann auch gezielt auf die Veröffentlichungen der Freundeskreise zugegriffen werden. Vom Nachrichtendienst "Twitter" ist dieses Prinzip bekannt: Dort heißen diese Zusammenstellungen Listen. Google unterschlägt bei dieser exklusiven Werbung jedoch, dass ihr Konkurrent ein ähnliches Werkzeug anbietet - bei Facebook sind es die Freundeslisten. Allerdings wirbt Google auch damit übersichtlicher bei der Verwaltung persönlicher Daten zu sein. Facebook hatte zuletzt unter anderem mit versehentlichen und absichtlichen Massenparty-Aufrufen seiner Nutzer in Deutschland und Kritik an der Datenschutzpolitik für Negativschlagzeilen gesorgt.

Interessen bündeln

Bei "Sparks", zu deutsch Zündfunken, tragen Nutzer ihre Interessen ein und bekommen Web-Inhalte zum entsprechenden Thema geliefert. Ein großes Angebot liefert dabei die Videoplattform "YouTube" und Dienste wie "Google News". Nutzer geben einfach einen Begriffe in ein Suchfeld ein und markiert in der Trefferliste ausgewählte Ergebnisse als interessant. Wer zum Beispiel nach Mode sucht, kann das Ergebnis als Interesse markieren und erhält später automatisch weitere Empfehlungen zum Thema. Für Google ist diese Preisgabe von Kundeninteressen praktisch: Es wird spekuliert, dass dort mit der Zeit auch massiv Werbung geschaltet werden kann.

Eine Pinnwand zum Kommentieren

Auch auf Google+ gibt es ein Kommentierfeld. Auf dem so genannten "Stream" können Nutzer verfolgen, was ihre Kontakte "gepostet" haben. Wie bei Facebook soll dieser Ort der Treffpunkt aller Nutzer sein, um sich auszutauschen und zu informieren.

In der Gruppe chatten

"Huddle" und "Hangout" nennen sich die Chatdienste der besonderen Art. Hangouts ist eine Videochatfunktion, bei der bis zu zehn Nutzer gleichzeitig miteinander sprechen können - Huddle ist textbasiert, aber ebenfalls auf Gruppengespräche ausgelegt. Die Nutzer können über E-Mail, SMS oder Chat miteinander kommunizieren. (mit dpa)

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