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© dpa

Spanien: Adiós, Ballermann!

Flanierzonen und Fahrradwege: Wie der Tourismus auf Mallorca wieder angekurbelt werden soll.

Madrid - Eine Radikalkur soll gegen die Urlaubskrise helfen: Die Hälfte der heruntergekommenen Hotels an der berühmten Playa de Palma auf der spanischen Mittelmeerinsel Mallorca sollen verschwinden. Die Bettenzahl soll von 40 000 auf 20 000 verringert, das Image aufpoliert werden. Mit Dynamit und mit der Abbruchbirne. Und indem die zahlreichen Zwei-Sterne-Absteigen zu Drei- bis Vier-Sterne-Häusern aufgerüstet werden.

Man wolle ein Reiseziel wieder beleben, das zu sterben drohe, wenn nichts geschehe, sagte Margarita Najera, Chefin des größten Sanierungsprojektes, das die spanische Tourismusindustrie bisher gesehen hat. Drei Milliarden Euro will man für die Schönheitsoperation am Strand von Palma, der sich bis zur Urlaubshochburg Arenal erstreckt, investieren. Für Palmenpromenaden und Parks, Flanierzonen und Fahrradwege.

Aus der in die Jahre gekommenen „Ballermann“-Meile, die sich einen zweifelhaften Ruf des billigen Sauftourismus erworben hat, soll die „neue Copacabana Europas“ werden, ein prachtvoller Vergnügungsstrand, der dann wieder „führendes Tourismusziel“ sein soll. So werben jedenfalls Mallorcas Reisemanager. Der neue Glanz der Insel soll ähnliche Schönheitskuren an der spanischen Costa Brava, Costa Blanca und Costa del Sol anregen, wo es in den Festungen des Massentourismus ähnliche Qualitätsprobleme gibt.

Spaniens Tourismusbranche ist unsanft aus dem Traum aufgewacht, dass es immer weiter aufwärtsgeht und sich die Kasse durch sonnenhungrige Ausländer ohne großes Zutun füllt. Vor allem deutsche und britische Touristen, die bisher das Hauptkontingent der Spanienreisenden stellten, kehren dem Königreich des Strandurlaubs plötzlich den Rücken. Die globale Krise dämpft die Reiselust. Außerdem kann Spanien in Sachen Preis, Qualität und Service immer weniger mit anderen Zielen in Osteuropa, Nordafrika oder auch der Karibik mithalten.

Genau 8,5 Prozent weniger Urlauber auf Mallorca und 14,5 Prozent weniger auf den Kanarischen Inseln – das ist ein Einbruch von knapp zwölf Prozent im ersten Halbjahr 2009 für ganz Spanien, das sich im Vorjahr noch über 57 Millionen Touristen freuen konnte. Nun musste es den zweiten Platz (hinter Frankreich) als globale Urlaubshochburg an die USA abgeben. Das tut weh. Immerhin ist der Tourismus mit elf Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung eine der wichtigsten Einnahmequellen Spaniens, dessen Bau- und Automobilindustrie bereits am Boden liegt.

Zu allem Unglück verursacht nun auch noch die Schweinegrippe Panik bei Spaniens Tourismuspolitikern, die dieses heikle Thema am liebsten totschweigen würden. Spanien ist das Land auf dem europäischen Kontinent, wo sich die Schweinegrippe mit über 700 offiziellen Fällen bisher am weitesten ausgebreitet hat. Und es gibt Meldungen, wonach sich ausländische Urlauber, auch aus Deutschland, in den Ferien etwa auf Mallorca angesteckt haben.Ralph Schulze

Ralph Schulze

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