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Wirtschaft: Spanien verbietet Ölkännchen

Olivenöl gibt es nur noch in Einwegflaschen – auf Druck der Industrie.

Madrid - Sie standen bisher in jedem spanischen Speiselokal auf dem Tisch: handliche Glaskännchen oder Fläschchen mit Olivenöl, um den Salat zu würzen. Oder um das geröstete Weißbrot mit ein paar Tropfen zu veredeln. War das Kännchen leer, füllte der Wirt das kleine Behältnis aus einer großen Ölflasche nach. Damit ist jetzt Schluss. Seit 2014 darf in Spanien nur noch Öl in Einweggefäßen vor den Gästen stehen. Mit Etikett, auf dem Herkunft und Qualität abzulesen sind.

Die in der spanischen Politik gut vernetzte Olivenöl-Industrie setzte sich mit dieser Forderung durch und hat nun allen Grund zur Freude. Denn der Regierungsbeschluss verspricht in schwierigen Zeiten ein blendendes Geschäft: die Herstellung von Millionen kleiner Wegwerfbehälter. Entweder in Form jener Mini-Döschen, wie sie in vielen Hotels bereits für Marmelade oder Butter verwendet werden. Oder als Fläschchen, die – einmal geleert – auf der Müllhalde, bestenfalls im Recyclingcontainer landen.

Die spanische Verbraucherschutzorganisation Facua sowie der Verband der Gastwirtschaft protestieren heftig gegen dieses „Gesetz der Verschwendung“, das in den rund 350 000 Speiselokalen und Bars von nun an gilt. Es werde zusätzlicher Abfall produziert und der Gast müsse dafür auch noch mehr zahlen, heißt es empört von den Verbraucherschützern. Es handele sich bei dem Öl-Dekret vor allem um eine Wirtschaftsförderung für die Produzenten, deren Geschäfte schlechter liefen.

Die Norm wurde von Spanien im europäischen Alleingang durchgesetzt, nachdem die spanische Olivenöl-Lobby in Brüssel mit einem EU-weiten Vorstoß scheiterte. Der EU-Kommission leuchteten Spaniens Argumente der „Qualitätssicherung“ nicht ein. Zumal größere Öl-Skandale, wenigstens in den spanischen Esslokalen, in jüngerer Zeit nicht bekannt wurden. Der Gast vertraute darauf, dass die Produkte auf seinem Tisch in Ordnung sind – und beschwerte sich eben, wenn es doch nicht der Fall war. Schließlich kleben auf der Paella oder dem Schinkenteller auch keine Etiketten.

Wohl sind aber in den letzten Jahren Schummeleien der spanischen Olivenöl-Fabrikanten bekannt geworden. Im Oktober 2012 etwa testete die Verbraucherorganisation OCU 40 spanische Olivenöle. Bei elf Marken stimmte der Inhalt nicht mit der versprochenen höchsten Qualitätsstufe „virgen extra“ überein. Außerdem sind Fälle bekannt, bei denen mit falschen Angaben EU-Subventionen erschlichen wurden. Spaniens Olivenöl-Industrie leidet zudem darunter, dass ihnen die spanischen Verbraucher untreu werden. Vor allem, weil das Olivenöl teurer ist als andere pflanzliche Speiseöle. Und viele spanische Familien, denen es in der Wirtschaftskrise schlecht geht, zu günstigeren Ölen greifen. Mit einer Produktion von 1,3 Millionen Tonnen Olivenöl, das auch exportiert wird, ist Spanien weltweit der größte Produzent dieses „flüssigen Goldes“. Ralph Schulze

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