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Riskante Lage. In der Arena von Sevilla weicht der Matador Lopez Simon einem wütenden Stier aus. Spaniens Politiker werden von wütenden Bürgern attackiert. Foto: Reuters

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Wirtschaft: Spanien zwingt Banken in die Knie

Regierung legt Rettungsplan für die Krisenbranche vor. Die Defizitziele werden voraussichtlich verfehlt.

Nach der Verstaatlichung der Großbank Bankia versucht die konservative Regierung mit einem drastischen Notfallplan weitere Bankpleiten zu verhindern. Zum Arsenal im Kampf gegen die sich verschärfende Bankenkrise gehören die Gründung von „Bad Banks“, die Pflicht zu milliardenschweren Sonderrücklagen und neue Staatskredite für notleidende Geldhäuser. Mit dem Rettungsprogramm wolle man, „die Zahlungsfähigkeit der Bankinstitute garantieren“, sagte Wirtschaftsminister Luis de Guindo. Am Vortag hatte der Staat über Nacht die Kontrolle bei der Großbank Bankia übernommen, nachdem das viertgrößte Geldinstitut des Landes in Schwierigkeiten geraten war.

In der EU wächst derweil die Sorge, dass die Bankprobleme auch Spaniens Stabilität gefährden. Erst recht, nachdem Brüssel offenbar das Vertrauen in Spaniens Haushaltsdisziplin verloren hat und Madrid am Freitag bescheinigte, dass die Etatplanung unsolide sei. In ihrer Konjunkturprognose schließt die EU-Kommission kategorisch aus, dass das Schuldenland Spanien noch die versprochenen Defizitziele erreichen könne: Für 2012 wird jetzt eine Neuverschuldung von 6,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwartet – vereinbart waren 5,3 Prozent. 2013, wenn das Defizit unter die Stabilitätsgrenze von drei Prozent fallen sollte, werde das Minus 6,3 Prozent betragen. „Wir sind überzeugt, dass wir die Defizitziele erfüllen werden“, entgegnete Wirtschaftsminister Guindos lächelnd dieser Prognose. Die Glaubwürdigkeit der Regierung ist freilich angeschlagen, nachdem sich sämtliche früheren Voraussagen hinsichtlich Haushaltssanierung, Wirtschaftswachstum und Verringerung der Arbeitslosigkeit als falsch entpuppten.

Mit dem neuen Rettungsprogramm für die Banken ist Spanien mehr Glück zu wünschen. Der Krisenplan sieht vor, dass die Geldinstitute zusätzliche Rücklagen von insgesamt 30 Milliarden Euro bilden müssen, um drohende Verluste auszugleichen. Bereits im Februar waren sie gezwungen worden, 50 Milliarden Euro beiseite zu legen. Der Branche drohen nach riskanten Immobilienspekulationen Ausfälle in Höhe von 180 Milliarden Euro. Die Finanzinstitute hatten Spaniens Immobilienblase angeheizt, in dem sie Kredite ohne Sicherheiten für überteuerte Objekte vergaben. Als der Markt zusammenbrach, riss der Crash die Baubranche und die Banken in den Abgrund.

Außerdem werden nun alle Banken und Sparkassen verpflichtet, ihre faulen Immobilienwerte in „Bad Banks“ auszulagern, kündigte Minister Guindos an. Er spricht lieber von „Immobilien-Gesellschaften“, über welche jene mehr als eine Million Grundstücke, Häuser und Wohnungen abgeschrieben und verscherbelt werden sollen, auf denen die Kreditbranche sitzengeblieben ist. Ob dies Spaniens Bankenkrise lösen wird, bleibt abzuwarten: Die nun gerettete Bankia hatte ihre kritischen Werte bereits in ihre Muttergesellschaft abgeschoben, was die Zahlungsprobleme auch nicht abwenden konnte.

Geldhäuser, welche die Riesenverluste, Abschreibungen und Rückstellungen nicht verkraften, sollen schließlich mit milliardenschweren Staatskrediten und Zwangsfusionen saniert werden. Angesichts des wachsenden Unmuts unter den Bürgern versicherte der Wirtschaftsminister: „Die Bankenreform wird keine Auswirkungen für die Steuerzahler haben.“ Dies gilt freilich nur so lange, wie Spaniens Banken zahlungsfähig bleiben. Nach Berechnung der Zeitung „El Pais“ hat der Staat die wankenden Banken in den vergangenen Jahren bereits mit Krediten und Bürgschaften von zusammen 115 Milliarden Euro abgesichert.

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