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Wirtschaft: Spaniens Strohfeuer

Die von Europa in Aussicht gestellten Hilfen für die Banken sorgen nur kurz für Erleichterung an den Märkten.

Die Erleichterung über den Hilferuf Spaniens hat an den Finanzmärkten in Europa nur für eine kurze Erholung gereicht. Viele Anleger blieben am Montag skeptisch, ob die von in Aussicht gestellten Finanzhilfen von bis zu 100 Milliarden Euro aus den Euro-Rettungsfonds für die maroden spanischen Banken ausreichen, um die Krise in den Griff zu bekommen. Die genaue Summe und die Modalitäten der Zahlung sind aber noch unklar.

Die Kurse der zehnjährigen Staatsanleihen Spaniens und auch Italiens rutschten nach einem kurzen Erholungsmoment wieder ab, im Gegenzug stiegen die Renditen deutlich. Auch der Euro grenzte seine Gewinne ein und notierte am Abend nur noch bei 1,2495 Dollar. Im Handelsverlauf war er zeitweise bis auf 1,2668 Dollar gestiegen. Der deutsche Leitindex Dax schloss nur 0,2 Prozent im Plus bei 6141 Punkten, nachdem er am Vormittag auf bis zu 6287 Zähler gestiegen war. Der EuroStoxx50 fiel sogar ins Minus zurück.

Mit der Rettung der spanischen Banken sei zwar ein wesentlicher Schritt zur Krisenbewältigung getan, es seien aber noch längst nicht alle Probleme gelöst, sagte Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. „Die Aufräumarbeiten bei den Banken beginnen jetzt erst – sie müssen konsequent Abschreibungen auf faule Kredite vornehmen und sich einer stärkeren Aufsicht unterstellen. Das darf man nicht schleifen lassen, sonst versickert das Geld.“ Vor allem aber müsse nun auch die realwirtschaftliche Entwicklung in Spanien vorangebracht werden. Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise wies auf die unverändert hohe Arbeitslosigkeit im Land hin. „Hier muss mit den Reformen weitergemacht werden.“

Kritik an den Hilfen für Spanien kam von Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, er geißelt die Unterstützung für die Banken als „Voodoo-Ökonomie“. Damit bekämpfe man nur ein Symptom der Krise, warnten auch die Analysten der Schweizer Großbank UBS. „Das eigentliche Problem eines in sich zersetzenden Bankensystems wird damit nicht gelöst.“

Das Misstrauen an den Märkten ist nach Einschätzung der Metzler Bank weiter hoch. Viele Börsianer stellten sich die Frage, ob Italien nun ins Visier der Märkte gerät. Die Wirtschaftsleistung in dem Land war im ersten Quartal so stark zurückgegangen wie seit drei Jahren nicht mehr. Für Nervosität sorgten zudem Aussagen des italienischen Industrieministers. Sein Land habe alles Notwendige getan, um sich aus eigener Kraft aus der Euro-Krise zu retten, sagte Corrado Passera. Er sehe Italien nicht als den nächsten Kandidaten für den Euro-Rettungsschirm. „Das haben Vertreter von Irland, Portugal und Spanien auch schon gesagt – und sie waren es dann doch“, sagte ein Händler. T. Körkemeier, H. Ersen (rtr)

T. Körkemeier[H. Ersen (rtr)]

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