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Mehdorn

© dpa

Spitzelaffäre: Mehdorn lehnt Rücktritt ab

Trotzt massiver Kritik lehnt Bahn-Chef Hartmut Mehdorn in der Daten-Affäre einen Rücktritt weiterhin ab. Er weist die entsprechenden Forderungen der Gewerkschaften zurück: "Hierfür stehe ich nicht zur Verfügung".

Bahnchef Hartmut Mehdorn will trotz neuer Vorwürfe in der Daten-Affäre im Amt bleiben. Man fordere seinen Rücktritt, ohne dass die Untersuchungen beendet seien, sagte er am Freitagabend in Berlin. "Hierfür stehe ich nicht zur Verfügung." Gewerkschaften und die Opposition im Bundestag hatten nach intensiven Beratungen im Aufsichtsrat offen Mehdorns Rücktritt verlangt. Die Grünen wollen auch, dass Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sein Amt aufgibt.

Der Bahnchef bekräftigte am Abend, dass weiterhin keine strafrechtlich relevanten Verstöße festgestellt worden seien. Eine behauptete flächendeckende E-Mail-Überwachung oder Inhaltskontrolle "hat nicht stattgefunden". Er bleibe bei seiner Aussage: "Durch die DB AG wurde niemand bespitzelt - weder Journalisten noch Aufsichtsräte noch Politiker oder Gewerkschafter, auch keine Mitarbeiter."

Unabhängig von der Korruptionsbekämpfung soll der Konzern E-Mails von Mitarbeitern überprüft haben. Dabei sei gezielt nach Kontakten zu Journalisten und anderen Konzernkritikern gesucht worden, hatten zuvor die "Süddeutsche Zeitung" und "Spiegel Online" berichtet.

Position der Bundesregierung noch offen

Offen ist jetzt, wie sich die Bundesregierung positioniert. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte in Leipzig am Rande einer Automobilmesse, es seien neue Vorwürfe erhoben worden. "Wenn die sich bestätigen, wird es ganz, ganz schwer."

Sein Staatssekretär Achim Großmann (SPD) sagte nach der Aufsichtsratssitzung, in der die vom Kontrollgremium beauftragten Gutachter einen Zwischenbericht abgaben: "Wenn es so passiert ist, ist es dramatisch." Es gebe belastende Hinweise, aber noch keinen endgültigen Bericht. Dieser soll nach Worten von Sonderermittler und Ex-Minister Gerhart Baum (FDP) bis Mitte Mai fertig sein. Auf die Frage nach Mehdorns Zukunft antwortete er: "Fragen Sie mich das eher mal nächste Woche." Am kommenden Mittwoch tagt der Verkehrsausschuss des Bundestages in einer Sondersitzung, in die auch der Bahnchef zu einer zweiten Befragung geladen ist.

Transnet-Chef Alexander Kirchner forderte Mehdorn auf, die politische Verantwortung für die Datenaffäre zu übernehmen, auch wenn die rechtliche Bewertung noch nicht abgeschlossen sei. "Es ist der Punkt erreicht, personelle Konsequenzen zu fordern." Von den Sonderermittlern in der Affäre seien bisher etwa die Hälfte der Unterlagen untersucht und der vorgesehenen Interviews geführt worden. Entscheidend für die Gewerkschaften sei, dass über die Korruptionsbekämpfung hinaus der E-Mail-Verkehr von zahlreichen Beschäftigten überwacht worden sein soll. Kirchner sprach von etwa 70.000 bis 80.000 Mitarbeitern, die das bahninterne E-Mail-Netzwerk nutzen.

GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel sagte: "Es ist nicht mehr wichtig, ob Herr Mehdorn etwas wusste. Die Zeit ist gekommen, politische Verantwortung zu übernehmen." Wenn Mehdorn nicht zurücktrete, müsse die Bundesregierung ihn entlassen.

Großer Teil der Belegschaft erfasst

Bei der bahninternen E-Mail-Suche soll es sich laut "Süddeutscher Zeitung" um eine "großflächige" Aktion gehandelt haben, von der ein größerer Teil der Belegschaft erfasst wurde. Die Wirtschaftsprüfgesellschaft KPMG sowie die ehemaligen Bundesminister Baum und Herta Däubler-Gmelin (SPD), die mit der Untersuchung beauftragt sind, haben demnach zahlreiche Akten ausgewertet und bereits 60 Mitarbeiter des Staatsunternehmens als Zeugen vernommen. Bei diesen Recherchen sei die Suche bei Mitarbeitern der Bahn nach Journalistenkontakten bekanntgeworden.

Die Revision der Bahn hat nach "Spiegel"-Informationen im Jahr 2005 die E-Mails sämtlicher Mitarbeiter daraufhin gerastert, ob sie an bestimmte, klar definierte Adressen gesandt wurden. Bei den Empfängern habe es sich durchweg um externe Verkehrsexperten und Bahnkritiker gehandelt, teilweise aus dem Bundestag. Die interne Rasterfahndung sei direkt vom Vorstand angeordnet worden, berichtet der "Spiegel". (sgo/dpa)

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