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Spitzelaffäre: Neue Vorwürfe gegen die Deutsche Bank

Deutschlands größtes Geldhaus hat offenbar nicht nur einem Gewerkschafter nachspioniert, sondern auch Vorstände und einen kritischen Aktionär ausgespäht.

Die Bank habe den ehemaligen Gewerkschaftsvertreter von ver.di in ihrem Aufsichtsrat, Gerald Herrmann, von einer externen Detektei bespitzeln lassen, berichtet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Das gehe aus dem internen Prüfbericht einer Anwaltskanzlei hervor, der dem Institut seit Ende vergangener Woche vorliege.

Herrmann, der von 1998 bis 2003 im Aufsichtsrat saß, bestätigte dem Handelsblatt, dass er ausgespäht worden sei. Die Deutsche Bank habe ihn aber erst vor wenigen Tagen darüber informiert. Herrmann stand laut Spiegel im Verdacht, Geschäftszahlen des dritten Quartals im Jahr 2001 an die Presse gegeben zu haben.

"Ich finde dieses Verhalten empörend", sagte Herrmann. Die Bank habe sich zwar bei ihm entschuldigt, er erwarte aber eine persönliche Entschuldigung von Vorstandschef Josef Ackermann, "der sich ja an die Spitze der Aufklärung stellen wollte". Die Vorwürfe hätten sich "als völlig unbegründet" erwiesen. Das habe ihm die Deutsche Bank versichert. "Die haben mich verdächtigt, nur weil ich wiederholt öffentlich den massiven Stellenabbau des Kreditinstitutes kritisiert hatte, das damit sein hohes Renditeziel von 25 Prozent Eigenkapitalrendite sichern wollte."

Laut Spiegel wurden 2006 auch Vorstände bespitzelt, die im Verdacht standen, Kontakte zum Medienunternehmer Leo Kirch zu unterhalten. Der kritische Aktionär Michael Bohndorf, ein auf Ibiza lebender Rechtsanwalt, sei im Auftrag der Bank zudem beschattet worden. Die Detektive hätten dabei Bewegungsprofile erstellt. Zudem sei gezielt nach persönlichen Schwächen des Anteilseigners gesucht worden, auch mit dem Einsatz "weiblicher Lockvögel". Die Betroffenen seien inzwischen von der Bank über die Maßnahmen informiert worden.

Die Deutsche Bank wollte den Bericht nicht kommentieren. Sie werde sich erst äußern, wenn der Bericht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorliege, sagte ein Sprecher.

Die Deutsche Bank hatte in der Affäre um vermeintliche Spitzel in den eigenen Reihen bis Mitte Juni fristgerecht auf eine Anfrage der hessischen Datenschützer geantwortet. Der DAX-Konzern hatte im Mai mitgeteilt, er haben Hinweise auf mögliche Verstöße gegen "interne oder rechtliche Regeln". Kontendaten oder andere Informationen über Kunden seien nicht betroffen. Dazu läuft eine von der Bank eingeleitete Untersuchung der Anwaltskanzlei, die bis in die 1990er Jahre zurückreicht. Die BaFin hatte eine Sonderprüfung angeordnet.  

ZEIT ONLINE, rf, dpa

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