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Wirtschaft: Sport-Übertragungsrechte: Allianzen, Marktmacht und ein Rundfunkstaatsvertrag - Der Eindruck täuscht: Die Wettbewerbshüter sehen bei Sportrechten keine marktbeherrschende Dominanz einer Mediengruppe

Nichts bringt dem Fernsehen so hohe Einschaltquoten wie Spitzensport, der live ausgestrahlt wird. Doch die Übertragungsrechte sind enorm teuer, allein ARD und ZDF werden wohl für die Fußball-Weltmeisterschaften 2002 und 2006 mehr als eine halbe Milliarde Mark an den Rechtevermarkter Kirch bezahlen müssen.

Nichts bringt dem Fernsehen so hohe Einschaltquoten wie Spitzensport, der live ausgestrahlt wird. Doch die Übertragungsrechte sind enorm teuer, allein ARD und ZDF werden wohl für die Fußball-Weltmeisterschaften 2002 und 2006 mehr als eine halbe Milliarde Mark an den Rechtevermarkter Kirch bezahlen müssen. Spitzensport wird als Event-Programm gehandelt, das das Image aufpoliert und Marktanteile bringt.

Grafik: Marktanteile (Januar 2001)

ARD-Programmdirektor Günter Struve macht folgende Rechnung auf: Das Erste Programm habe 1998 zehn Prozent seines Gesamtetats für Fußball ausgegeben, damit aber 19 Prozent bei den Zuschauer-Marktanteilen geholt. Selbst dem Abo-Fernsehen in Deutschland soll das Event Sport zum Durchbruch verhelfen. Die Kirch-Gruppe hat für ihr Programm Premiere World exklusiven Bundesliga-Fußball eingekauft, sie will die Formel 1 alleine direkt übertragen, sie wird Spiele der nächsten Fußball-Weltmeisterschaften live zeigen. Ob diese Operation allerdings gelingt, ist unsicher.

Pay-TV-Vorbild USA

In anderen Fernsehmärkten, in denen es sehr viel weniger frei empfangbare Programme gibt, ist sie schon geglückt. In den USA zum Beispiel konnte das terrestrische Network Fox mit den exklusiven Übertragungsrechten der National Football League Anschluss an das Oligopol der großen Networks ABC, NBC, CBS finden und sich als viertgrößtes Broadcast-Network etablieren.

In Deutschland streiten sich drei Veranstalter-Gruppen um die Sportrechte. Die RTL Group, die Kirch-Gruppe und die öffentlich-rechtlichen Veranstalter ARD und ZDF. Alle drei verfügen über eigene Sportrechte-Agenturen: Die RTL Group über UFA Sports (geschätzter Jahresumsatz 1997: 400 Millionen Mark), die Kirch-Gruppe über die ISPR (300 bis 400 Millionen Mark), ARD und ZDF über Sport A (100 Millionen Mark). Die Kräfteverhältnisse sind fein austariert - der Rundfunkstaatsvertrag lässt keine andere Wahl. Im Paragraf 26 ist festgehalten, was unter der "Sicherung der Meinungsvielfalt im Fernsehen" zu verstehen ist: "Erreichen die einem Unternehmen zurechenbaren Programme im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 30 von Hundert, so wird vermutet, dass vorherrschende Meinungsmacht gegeben ist." Dann würde die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) einschreiten. Sowohl die privaten Fernsehveranstalter RTL und Kirch als auch die öffentlich-rechtlichen Systeme liegen unter der kritischen Grenze (siehe Grafik). Auch für den Markt der Sportrechte kommt die KEK zu dem Schluss, "dass infolge der Konkurrenz zumindest dreier etwa gleichstarker Wettbewerber nicht von marktbeherrschenden Stellungen auf einem Beschaffungsmarkt für Sportübertragungsreche auszugehen ist".

Trotzdem hat der Gesetzgeber Teile des Spitzensports ins Reservat des Free TV gestellt. In Deutschland müssen die Olympischen Spiele, die EM- und WM-Spiele der deutschen Fußball-Nationalelf sowie das Eröffnungsspiel, die Halbfinals, das Endspiel, DFB-Länderspiele, die Vorschlussrunde und das Finale des DFB-Pokals und die Endspiele in Champions League und UEFA-Cup bei deutscher Beteiligung in frei empfangbaren Programmen gezeigt werden. Diese Vorschrift verhindert freilich nicht den Wettbewerb. Im Gegenteil: Das Rennen um den begrenzten Sendeplatz tobt bei diesen Top-Ereignissen um so heftiger.

Gesamtvermarktung statt Einzelverkauf

Dabei ist klar, dass keine Sendergruppe in Deutschland sich etwa Champions League, Bundesliga und Fußball-WM plus Formel 1 allein leisten könnte, sondern immer nur Teile davon. Die Fernsehveranstalter haben längst reagiert. Neben der Gründung eigener Sportrechte-Agenturen bemühen sich die Sender um eine individuelle Gesamtvermarktung von Sportveranstaltungen (Merchandising, Marketing, Ticketing, Catering) und die Integration von Sportveranstaltern. Diese Allianz versetzt die Veranstalter in die Lage, bei der Vergabe von Übertragungsrechten und der Festsetzung von Übertragungszeiten mitzureden. Hinter der Beteiligung an Sportklubs steht die Motivation, bei der Programmierung im Fernsehen mitzureden oder gar den Ton anzugeben. Nichts anderes gilt für den Erwerb von Übertragungsrechten: Dass ein Bundesliga-Spieltag heute eigentlich drei Spieltage bedeutet, liegt an seiner möglichst optimalen Auswertung. Im Pay-TV zählt deshalb weniger der Fan, sondern der Fernsehzuschauer - der zugleich zahlender Abonnent ist.

Hintergrund: Sport im TV - Das Milliardengeschäft

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