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Wirtschaft: Springer will Ringier komplett übernehmen

Erlös soll Schweizern Einstieg bei Springer ermöglichen/Kirch verliert sein Aktienpaket an Deutsche Bank

Berlin (mot/usi). Die Verhandlungen des Axel Springer Verlags und des Schweizer Ringier Verlags über eine Fusion kommen voran. Geplant ist eine Überkreuzbeteiligung: Springers Modell sieht nach Tagesspiegel-Informationen vor, in einem ersten Schritt Ringier zu 100 Prozent zu kaufen. Mit dem erzielten Erlös soll Ringier im zweiten Schritt seinerseits 35 Prozent an Springer erwerben. Die restlichen fünf Prozent des zum Verkauf stehenden 40-Prozent-Paktets würde Friede Springer übernehmen, um auch ohne ihre Stiefenkel eine klare Mehrheit im Konzern zu haben.

Leo Kirch, der bisher über das Springer-Paket verfügte, muss die Beteiligung seit Freitag der Deutschen Bank überlassen, an die die Aktien gegen einen 720-Millionen-Euro-Kredit verpfändet worden waren. Das Landgericht München wies den Antrag Kirchs auf eine einstweilige Verfügung zurück, mit der er eine Fristverlängerung für die Verwertung bis Ende September erreichen wollte. Es gebe keinen Grund für eine Verlängerung der Frist zur Eigenverwertung, erklärte das Gericht.

Ungeachtet dieser Entscheidung ist aber noch möglich, dass sich die Deutsche Bank im Einvernehmen mit Kirch und Springer auf den Verkauf der 40-Prozent-Beteiligung an Ringier verständigt. Schon seit längerem sitzt die Frankfurter Großbank mit am Verhandlungstisch. „Als einer der größten Kreditgeber Kirchs steht die Bank bei den Gesprächen nicht außen vor“, hieß es in Verhandlungskreisen. Zudem ist die Deutsche Bank Hausbank des Axel Springer Verlags.

Ein Sprecher der Deutschen Bank lehnte einen Kommentar zu den laufenden Gesprächen ab, bekräftigte aber: „Was Springer akzeptiert, akzeptieren wir auch.“ Sollte der Verkauf an Ringier dennoch scheitern, „tritt Plan B in Kraft“, sagte ein Insider: die Platzierung der 35 Prozent Springer-Anteile an der Börse. Der Bank wird nachgesagt, sie habe angesichts der desolaten Lage an den Börsen kein Interesse mehr, die Springer-Aktien selbst zu platzieren. Eine Einigung mit Ringier als neuem Investor käme der Deutschen Bank insofern gelegen.

Das Vorhaben hat aber einen Haken: Springer müsste für hundert Prozent an Ringier wohl weniger zahlen, als Ringier braucht, um 35 Prozent am Springer-Verlag zu erwerben. Zurzeit wird taxiert, wieviel Ringier tatsächlich wert ist, die Verhandlungen liefen „ohne Zeitdruck“, heißt es.

Alle Anzeichen deuten indes darauf hin, dass der von Springer und Ringier favorisierte Plan aufgeht. Springer würde sich indirekt nach der 100-Prozent-Übernahme von Ringier selbst kaufen, und Michael Ringier wäre nach Friede Springer zweitgrößter Aktionär des Verlages. Erste Gespräche über eine solche Konstellation hatten schon vor anderthalb Jahren beim Filmfest in Locarno stattgefunden. Mathias Döpfner, heute Vorstandschef und damals noch Zeitungs- und Multimedia-Vorstand des Springer Verlages, und der Schweizer Verleger Michael Ringier wurden beobachtet, wie sie ins Gespräch vertieft ihre Köpfe zusammensteckten. Es war die Geburtsstunde einer Idee, die nun verwirklicht werden könnte.

Sollten die Verhandlungen der beiden renditeschwachen Verlage zum Erfolg führen, würde Europas größter Zeitungs- und Zeitschriftenkonzern mit einem Jahresumsatz von rund 3,5 Milliarden Euro entstehen. Der Züricher Verlag mit den zwei Geldbringern „Blick“ und „Sonntags-Blick“ sowie Zeitschriften wie „Betty Bossi“, „Cash“ und „L’Hebdo“ erzielte im Geschäftsjahr 2001 bei einem Umsatz von 1,06 Milliarden Schweizer Franken (720 Millionen Euro) einen Gewinn von 34,8 Millionen Euro. Der Springer-Verlag, der im vergangenen Jahr in die Verlustzone gerutscht war, müsste die Ringier-Übernahme mit Darlehen finanzieren. Aus Verhandlungskreisen verlautet, die Finanzierung sei auf diese Weise gesichert, möglicher Geldgeber sei die Deutsche Bank.

Eine außergerichtliche Einigung zwischen Kirch und der Deutschen Bank über die Verwertung der Springer-Beteiligung war am Veto des Gläubigerausschusses der insolventen Kirch-Media gescheitert. Kirch und die Bank hatten beim letzten Termin vor dem Münchener Landgericht angekündigt, eine solche Lösung anzustreben. Doch Kirchs Gläubiger, deren Zustimmung im Insolvenzverfahren nötig ist, hatten am Mittwoch eine außergerichtliche Einigung abgelehnt. „Es lagen unterschriftsreife Verträge vor“, sagte Rechtsanwalt Peter Heckel, der die Deutsche Bank vertritt, am Freitag dem Tagesspiegel.

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