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Bei der Deutschen Bank läuft derzeit einiges nicht gerade.

© dpa

Staatsanwaltschaft ermittelt: Die tiefe Krise der Deutschen Bank

Razzia, Festnahmen, Ermittlungen – es sind Chaostage bei der Deutschen Bank. Auch der Umbau des wichtigsten deutschen Geldinstituts wird teurer als gedacht. Und dann kommen heute noch schlechte Nachrichten vom Aktienmarkt.

Wenigstens Stefan Krause, Finanzvorstand der Deutschen Bank, meldete sich am Donnerstag zu Wort. Allerdings nur gegenüber Investoren und nur in einer kurzfristig einberufenen Telefonkonferenz. Zur Razzia der Staatsanwälte bei der Deutschen Bank am Vortag, zu den Ermittlungen gegen ihn und Ko-Vorstandschef Jürgen Fitschen, sagte der Banker nichts. Auch nicht zur Verhaftung von fünf Mitarbeitern der größten deutschen Bank.

Detaillierter äußerte er sich zu den Vorwürfen, dass die Bank während der Finanzkrise Wertpapiere zu positiv bewertet und damit möglicherweise Verluste verschleiert habe. „Die Bank ist überzeugt, dass diese Vorwürfe absolut unbegründet sind und dass die Bewertungen nachvollziehbar und gut belegt sind.“

Der eigentliche Anlass für Krauses Wortmeldung war die Vorstellung des neuen Unternehmensbereichs „Nicht- Kern-Aktivitäten“, in dem Papiere gebündelt werden, die die Bank abstoßen will – immerhin mit einem Volumen von 122 Milliarden Euro. Gute Nachrichten hatte Krause aber auch hier nicht mitgebracht: Es sei zu erwarten, dass die hohen Kosten für den Konzernumbau im vierten Quartal sich „signifikant negativ auf den Gewinn auswirken“, sagte er. Eine Gewinnwarnung sei das aber nicht, nur eine „Guidance“ also eine Art Hinweis. Die Börse sah das anders: Der Aktienkurs der Deutschen Bank verlor zeitweise 3,2 Prozent.

Am Freitag wird die Bank erneut mit der Justiz zu tun haben: Am Oberlandesgericht München könnte das Urteil im Prozess gegen Ex-Vorstandssprecher Rolf Breuer fallen. Breuer hatte vor mehr als zehn Jahren in einem Interview die Kreditwürdigkeit der angeschlagenen Kirch-Gruppe angezweifelt. Wenige Monate später war sie pleite. Wegen Breuers Äußerungen fordern die Kirch- Erben zwei Milliarden Euro Schadenersatz von Breuer und der Deutschen Bank.

Der Kirch-Prozess reiht sich ein in zahlreiche juristische Auseinandersetzungen, die die Deutsche Bank beschäftigen. So sieht sich das Institut in den USA Klagen wegen fragwürdiger Geschäfte mit Hypothekenpapieren ausgesetzt. In etlichen Fällen hat die Bank im Rahmen von Vergleichen schon dreistellige Millionenbeträge bezahlt. Auch in Deutschland gab es immer wieder Prozesse wegen umstrittener Zins-Papiere, die die Bank an Kommunen verkauft hatte. Allerdings wurde sie auch mehrfach von Gerichten von den Vorwürfen freigesprochen.

Auch bei Manipulationen des Interbankenzins Libor waren Mitarbeiter der Deutschen Bank offenbar beteiligt. Zwei Banker wurden entlassen. Allerdings bestreitet das Institut, dass das Top-Management von den Manipulationen wusste. Vorstand Stephan Leithner äußerte sich im November im Bundestags-Finanzausschuss – ohne Details zu nennen.

Die Razzia am Mittwoch war schließlich vorläufiger Höhepunkt, der zwei Jahre dauernden Ermittlungen zu möglichen Steuerbetrügereien beim Handel mit CO2-Zertifikaten. Die Bank soll diese ermöglicht haben.

750 Millionen Euro an Rückstellungen für mögliche Belastungen aus laufenden Verfahren hat die Bank allein in den ersten neun Monaten 2012 zur Seite gelegt. Insgesamt schätzt das Institut die Rechtsrisiken aktuell auf 2,5 Milliarden Euro.

„Die aktuellen Ereignisse zeigen deutlich, dass die Bank ihre internen Kontrollen dramatisch verbessern muss“, sagte Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Die Ankündigung eines Kulturwandels dürfe kein reines Lippenbekenntnis sein. Für Jürgen Fitschen spreche allerdings erst einmal die Unschuldsvermutung. Entscheidend, so Kurz, werde aber auch sein, dass die Bank die Staatsanwaltschaft unterstützte.

Schärfer kritisiert Banken-Analyst Dieter Hein die Deutsche Bank: „Dass die Staatsanwaltschaft bei der Bank einmarschiert, überrascht mich nicht wirklich.“ Das Institut sei schon lange ein Fall für den Staatsanwalt, etwa mit Blick auf die Darstellung der eigenen Vermögenslage. Man müsse sich fragen, ob die Reputation der Bank überhaupt noch schlechter werden könne. „Einen Kulturwandel habe ich nicht erwartet. Und ich sehe ihn auch nicht“, sagte Hein. Bei all den Problemen müsse man sich auch fragen, was der Aufsichtsrat der Bank eigentlich tue.

Aber es gibt auch positive Stimmen. „Ich habe Jürgen Fitschen als sehr honorigen Banker kennengelernt“, sagt Thomas Lindner, Präsident des Maschinenbau-Verbandes VDMA. Gerade im Mittelstand genieße Fitschen einen sehr guten Ruf. In Krisenzeiten habe er immer Unterstützung für die Firmen signalisiert.

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