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Staatsfinanzen: Italiens Beamte sollen in der Krise verzichten

So gut, wie Italiens Premier Berlusconi es glauben machen will, geht es dem Land nicht. Sein Finanzminister dringt auf einen rigiden Sparkurs. Experten zweifeln, dass das reicht.

Rom - Bis vor kurzem hat Regierungschef Silvio Berlusconi sein Land in Sicherheit gewiegt: Italien stehe in der Krise besser da als die anderen Mittelmeerländer der EU, selbst der Internationale Währungsfonds habe die römische Finanz- und Wirtschaftspolitik als solide gelobt, man halte Kurs und steuere geradewegs aus dem Sturmtief hinaus.

Dann spannte Europa seinen Schutzschirm über dem Euro auf, und in Rom verbreitete sich schlagartig Alarmstimmung. Zumal erst jetzt bekannt wurde: 700 Städte und Gemeinden haben versucht, ihre Not leidenden Finanzen mit Hilfe von Derivaten zu verbessern. Die insgesamt 1100 heute als riskant verurteilten Geschäfte haben einen Umfang von 35,5 Milliarden Euro. Das zweite große Risiko für die Staatsfinanzen liegt im Gesundheitswesen. Viele Regionen haben hier Defizite von etlichen hundert Millionen Euro aufgehäuft. Heute versucht ein selbst erschrockener Berlusconi offenbar nur noch die Mindeststandards zu retten: „Wir werden kein soziales Gemetzel veranstalten.“

Finanz- und Wirtschaftsminister Giulio Tremonti hat dem Staatshaushalt eine Verschlankung um mindestens 25 Milliarden Euro für die nächsten beiden Jahre verordnet. Die Details werden dieser Tage noch ausgehandelt – aber wenn die Meldungen der italienischen Medien halbwegs zutreffen, kommt keiner ungeschoren davon. Die Ministerien sollen ihre Ausgaben um zehn Prozent herunterfahren. Minister, Staatssekretäre und öffentliche Spitzenfunktionäre büßen zehn bis 15 Prozent ihres Gehalts ein. Die Gehälter der 3,5 Millionen Staatsbediensteten sollen eingefroren werden. Allein das könnte den Haushalt um 5,3 Milliarden Euro entlasten. Das Rentenalter wird faktisch um bis zu ein Jahr hinaufgesetzt.

Ob es zu einer rechtlichen Sanierung der in Italien so beliebten Schwarzbauten kommt – gegen eine geringe Buße an den Staat – oder ob mit voller Härte jene zwei Millionen Gebäude besteuert werden, die der Fiskus erst durch landesweite Luftaufnahmen der Steuerfahnder entdeckt hat, scheint noch nicht entschieden. Jedenfalls will der Minister die Fahndung nach Steuerhinterziehern verstärken. Damit vergrätzt er die Klientel der Berlusconi-Partei, deren Chef einmal die Hinterziehung „ab einem gewissen Steuersatz“ für moralisch legitim erklärt hat.

Tremonti verspricht sich von den Maßnahmen eine Senkung des Haushaltsdefizits von derzeit fünf auf 2,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2012. Derweil steigt die italienische Staatsverschuldung weiter: bei 106 Prozent des Bruttoinlandsprodukts lag sie vor zwei Jahren; 2009 schloss sie mit 118 Prozent, dieses Jahr werden es wohl 121 Prozent – das ist fast griechisches Niveau. Dagegen hat Tremonti keine konkreten Maßnahmen vorgelegt. Experten vermissen strukturelle Reformen des Staatshaushalts. „Dafür haben wir im Augenblick keine Zeit“, heißt es in Rom.

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