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Aufräumarbeiten. Baden-Württemberg will zunächst alleine für den Staatskredit über 71 Millionen Euro bürgen – wenn die anderen Länder für 45 Millionen Euro garantieren. Foto: dpa

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Wirtschaft: Staatshilfe für Schlecker droht zu scheitern

Bundesländer können sich nicht auf eine Bürgschaft für die insolvente Drogeriemarktkette einigen

Berlin – Es war ein Ringen bis zur letzten Minute, obwohl Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz immer wieder zur Eile ermahnt hatte: Bis in den späten Abend hinein debattierte der Wirtschafts- und Finanzausschuss des Stuttgarter Landtags am Mittwoch über die Staatshilfe für die insolvente Drogeriemarktkette Schlecker. In der Nacht schließlich entschied Baden-Württemberg, einen letzten Rettungsversuch zu unternehmen: Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) sollte bis acht Uhr am Donnerstagmorgen 45 Millionen Euro an Bürgschaftszusagen bei anderen Bundesländern einsammeln, um die Auffanglösung für die 11 200 vor der Entlassung stehenden Schlecker-Mitarbeiter doch noch auf den Weg zu bringen.

Bei einem Erfolg wollte Baden-Württemberg zunächst alleine für den Staatskredit für Schlecker in Höhe von 71 Millionen Euro bürgen. Das Unternehmen braucht diese Summe, um die Transfergesellschaften einzurichten, die die entlassenen Mitarbeiter sechs Monate lang bei der Jobsuche unterstützen und weiterqualifizieren sollen. „Wir werden eine Nachtschicht einlegen“, sagte Schmid. Bis zum Morgen wolle er die anderen Länder zu Zusagen bewegen.

Damit übernimmt Baden-Württemberg, in dem die insolvente Drogeriekette ihren Sitz hat, den größten Anteil der Bürgschaft in Höhe von 26 Millionen Euro. Eigentlich wollte das Land nur in Vorleistung treten, wenn sich alle Bundesländer über Rückbürgschaften am Risiko beteiligen. Diese „große Lösung“ war am Mittwochnachmittag aber am Widerstand Niedersachsens und Sachsens gescheitert. Die Daten des Insolvenzverwalters seien nicht zuverlässig, man habe Zweifel am Fortführungskonzept von Schlecker, hatte das FDP-geführte Wirtschaftsministerium in Hannover bereits am späten Dienstagabend verlauten lassen – und war dabei geblieben. Auch Sachsen, wo ebenfalls die FDP den Wirtschaftsminister stellt, konnte sich am Mittwoch nicht für eine Beteiligung entscheiden. Die 13 anderen Länder hatten im Vorfeld ihre Bereitschaft zu einer Bürgschaft erklärt. Berlin reagierte am Nachmittag verunsichert auf das Nein von Niedersachsen und Sachsen. „Vor zwei Tagen haben wir uns ganz klar dafür ausgesprochen – aber die Voraussetzung war, dass alle Länder mitziehen“, sagte ein Sprecher der Berliner Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz (parteilos). In der Hauptstadt sollen 350 Schlecker-Mitarbeiter entlassen werden, 85 Märkte wurden bereits geschlossen. Am Mittwochabend war auch ein Dreiervorschlag, nach dem Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen alleine für die komplette Summe bürgen sollten, an einer Absage aus München gescheitert.

Bei einem Scheitern der Bürgschaft stand die Entlassung der 11 200 Mitarbeiter zum Monatsende an. Denn Schlecker kann die Transfergesellschaft nicht ohne den Kredit der KfW auf den Weg bringen. Schmid erklärte, er bedauere, dass der Beschluss des Landtagsausschusses den Schlecker-Beschäftigten noch nicht die gewünschte Sicherheit bringe.

Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz sagte am Mittwochabend: „Für mich bleibt die Hoffnung, dass die anderen Länder mitziehen.“ Ohne die Transfergesellschaft würde der Verkauf der Drogeriekette massiv erschwert. Dann drohten Schlecker Tausende von Kündigungsschutzklagen, die mögliche Käufer abschreckten. „Mit den Transfergesellschaften fördere ich den Investorenprozess“, hatte Geiwitz erklärt. Bis Ende der Woche müssen Interessenten für Schlecker schriftlich unverbindliche Angebote abgeben, dann will Geiwitz mit „etwa drei, aber nicht mehr als fünf Investoren“ Gespräche führen. Erste Interessenten für die Kette, die nun nur noch 3200 Filialen und rund 14 000 Mitarbeiter umfasst, soll es schon geben, konkrete Namen sind jedoch noch nicht bekannt. Bis Pfingsten soll aber der neue Eigentümer für Schlecker feststehen.

Unterdessen eröffnete das Amtsgericht Ulm am Mittwoch die Insolvenzverfahren für Schlecker und die Töchter Schlecker XL und Ihr Platz. Damit sei das seit Januar laufende vorläufige Verfahren beendet, sagte Insolvenzrichter Benjamin Webel.

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