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Eine coole Sau sei Bernd Pfaffenbach – hier an der E-Gitarre neben Rockstar Bob Geldof –, urteilte einmal eine Zeitung.

© Davids/Darmer

Staatssekretär Pfaffenbach: "Weil ich etwas für mein Land tun will"

Der scheidende Staatssekretär Bernd Pfaffenbach spricht im Interview über 37 Jahre als Beamter, seine Arbeit für Angela Merkel und die Vorzüge von Karl-Theodor zu Guttenberg.

Herr Pfaffenbach, wie groß ist Ihre Angst vor der Leere am Mittwoch, dem ersten Tag Ihres Ruhestands?

Ich denke noch nicht wirklich darüber nach. Es ist schon ein etwas seltsames Gefühl. Zum Glück bin ich bis zur letzten Stunde im Geschäft. Dienstende ist am 31. Mai, wahrscheinlich gegen 22.30 Uhr. Meinen Urlaub habe ich verfallen lassen.

Ziehen Sie sich ganz ins Privatleben zurück? Oder arbeiten Sie an einem Buch? Sehen wir Sie in einem Aufsichtsrat wieder?

Ein Buch wird es nicht geben. Das ist nicht mein Stil. Ich habe viel erlebt, aber es ist nicht meine Aufgabe, das nach außen zu tragen. Es gab ja viele vertrauliche Gespräche. Aufsichtsratsmandate kann ich mir vorstellen. Mehr möchte ich dazu aber noch nicht sagen.

37 Jahre waren Sie Bundesbeamter. Was war Ihr größter Erfolg in dieser Zeit?

Ich denke nicht so sehr in solchen Kategorien. Aber es ist ein schönes Gefühl, dass ich die 37 Jahre unbeschadet und bis zur höchsten Stufe des Beamtentums durchlaufen habe. Nicht jeder Staatssekretär wird erst mit dem offiziellen Pensionsalter aus dem Staatsdienst entlassen. Ich habe in meinem gesamten Berufsleben hoch spannende Themen gehabt. Das Interessanteste war sicher die Zusammenarbeit mit drei Bundeskanzlern und einem Bundespräsidenten – und natürlich die Sherpa-Tätigkeit.

Ist dann Ihr größter Misserfolg der Verlust der Sherpa-Tätigkeit?

Misserfolg würde ich nicht sagen. Es war folgerichtig. Herr Weidmann als mein Nachfolger im Kanzleramt hatte ein Anrecht auf diese Funktion. Ich war privilegiert, dass ich sie lange Zeit vom Bundeswirtschaftsministerium aus hatte wahrnehmen dürfen. All meine Kollegen waren in den Regierungszentralen angesiedelt, sei es in Number 10, im Weißen Haus, im Elysée, im Kreml oder anderswo. Mit dem Übergang von G 8 zu G 20 war der Wechsel rational. Die Bundeskanzlerin hat mit mir vorher darüber gesprochen, und ich habe zugestimmt.

Aber es hat Sie geschmerzt?

Das ist richtig, ja.

Warum?

Es ist ein Verlust entstanden. Ich hatte mir über die Jahre ein unglaubliches Netzwerk schaffen dürfen.

Der Höhepunkt Ihrer Sherpa-Tätigkeit war der G-8-Gipfel in Heiligendamm. Der sogenannte Heiligendamm-Prozess sollte die Schwellenländer stärker einbeziehen – wie sehr hat er die Welt verändert?

Es war an der Zeit, die großen Schwellenländer an den weltwirtschaftlichen Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Wenn man sich die Wirtschaftsleistung und die Wachstumsraten anschaut, kann man doch China, Indien, Brasilien, Mexiko oder Südafrika nicht außen vor lassen. Das war unsere Idee. Heiligendamm hat die Tür für die späteren Gipfeltreffen der G 20 geöffnet.

2008 war es das erste Mal so weit. Ist nicht inzwischen das kleinere G-8-Format überflüssig geworden?
Keineswegs. Das ist unter den Chefs selbst, aber auch unter den Sherpas intensiv diskutiert worden. Die G 8 haben sich mehr den außenpolitischen Themen zugewandt.

Aber früher war von Weltwirtschaftsgipfeln die Rede.

Das war so. Aber die Weltwirtschaft hat sich verändert. Deswegen war es notwendig, das Forum zu erweitern. Gleichwohl gibt es Dinge, die man lieber im kleineren Rahmen bespricht. Die G 8 sind ja auch eine Wertegemeinschaft. Weltwirtschaftsgipfel sind jetzt die G-20-Treffen.

So klein ist der G-8-Rahmen nicht. Acht Staats- und Regierungschefs mit großen Delegationen, wie wir gerade in Deauville gesehen haben. Wie viel Sinn macht es, in 25 Stunden alle Fragen abzuhaken?

Sicher, man könnte die Themen auch schriftlich oder per Videokonferenz abarbeiten. Aber das ist etwas Anderes. Wenn man sich Auge in Auge am Tisch gegenübersitzt, hat man ein viel größeres Zusammengehörigkeitsgefühl. Man kommt sich näher. Das ist auch für spätere Entscheidungen wichtig. Man kann als Staats- oder Regierungschef kurz zum Telefonhörer greifen, um etwas schnell bilateral abzuklären.

Haben Sie persönliche Freundschaften geschlossen, die auch über den Mittwoch hinaus halten?

Oh ja! Ich war dienstlich in den vergangenen Monaten in allen diesen Hauptstädten, und überall habe ich die Sherpas getroffen, obwohl ich diese Aufgabe nicht mehr habe. In Washington habe ich vor wenigen Wochen drei ehemalige Kollegen gesehen. Das sind echte Freundschaften. Ich empfange auch laufend frühere Sherpas.

Sie haben viele Bundeswirtschaftsminister erlebt. Wann wussten Sie, dass Karl-Theodor zu Guttenberg ein Blender ist?

Das kann ich überhaupt nicht bestätigen, dass er ein Blender ist. In die Hintergründe seiner Dissertation bin ich nie eingestiegen. Ich kann nur sagen, dass er hier im Haus exzellent angekommen ist. Er war auf einer Erfolgswelle, und davon hat das Haus profitiert. Ich habe viele Gespräche mit ihm geführt. Er hat die anstehenden Sachfragen in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Hauses bestens umgesetzt. Von Blender keine Spur – im Gegenteil: Herr zu Guttenberg war ein sehr effizienter Wirtschaftsminister.

Wie erklären Sie sich die vielen Wechsel der letzten Jahre an der Spitze des Hauses?

Das sind politische Hintergründe, die man nicht beeinflussen kann – koalitions- oder parteiinterne Diskussionen. Kontinuität bekommt einem Haus wie dem Wirtschaftsministerium natürlich besser. Insofern hoffe ich, dass Minister Rösler eine längere Zeit bleiben wird als seine Vorgänger.

War die Wirtschaft für Sie nie verlockend?

Doch, doch. Aber ich habe dem widerstanden.

Erzählen Sie mehr.

Na gut, es ist schon ab und zu ein Angebot gekommen, gerade in den letzten Jahren. Es ist ja kein Geheimnis, dass die Einkommen in der Wirtschaft lukrativer sind. Ich habe mich trotzdem immer ziemlich schnell dagegen entschieden. Ich habe mir gedacht, ich habe einen Job, und den ziehe ich durch.

Warum?

Weil ich gerne für den Staat arbeite, weil ich etwas für mein Land tun will. Die wirtschaftspolitische Beratung und inzwischen als Staatssekretär auch die tatsächliche Umsetzung sind einfach sehr erfüllende Tätigkeiten.

Wo kommt das her – etwas für mein Land tun wollen?

Das macht mich stolz. Ich hatte in Umweltökonomie promoviert und mich damals auch im Innenministerium beworben, aber das Wirtschaftsministerium liegt mir wegen seiner Breite mehr.

Gibt es ein Thema, dass auch Ihr ganz persönliches Thema ist und nicht nur Teil Ihrer Aufgaben war?

Die Makroökonomie hat mich immer fasziniert. Der Klimaschutz ist dann hinzugekommen, weil er der Kanzlerin so am Herzen lag und sie Heiligendamm diesen Stempel aufgeprägt hat. Sie hat das genau zur rechten Zeit aufgenommen. Sie war ja früher auch Umweltministerin und hat sich wie ein Fisch im Wasser bewegt. Mit dem Thema habe ich mich voll identifiziert.

Haben Sie nie mit dem Gedanken gespielt, selbst ein politisches Amt anzustreben und die zweite Reihe zu verlassen?

Nein, nie. Da bin ich der falsche Mann. Ich bin in der zweiten Reihe zufrieden.

Jetzt haben Sie 37 Jahre mit dem Staat verbracht – seit 38 Jahren sind Sie verheiratet. Wie übersteht eine Ehe so ein Leben?

Die Frage ist, ob man den richtigen Partner hat. Es ist nicht so, dass ich nie zu Hause war. Aber es stimmt, dass meine Frau ihre eigenen Bedürfnisse sehr weit zurückstellen musste. Das wird nun anders.

Und wann treten Sie das nächste Mal mit Bob Geldof auf?

Das will ich ihm nicht zumuten. Meine Finger sind eingerostet, ich spiele heute ziemlich schlecht Gitarre. Sowohl Bob Geldof als auch die Journalisten waren da sehr gnädig mit mir.

Sie könnten üben und in einer Band spielen.

Ich bin Realist. Was soll ich als Rentner auf der Bühne?

Das Interview führte Moritz Döbler.

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