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Wirtschaft: Stabwechsel bei Deutschlands Bankenprimus

Am kommenden Dienstag räumt Hilmar Kopper den Chefsessel bei der Deutschen Bank für Rolf E.BreuerVON ROLF OBERTREIS, FRANKFURT (MAIN)Der Wechsel hat eigentlich längst stattgefunden.

Am kommenden Dienstag räumt Hilmar Kopper den Chefsessel bei der Deutschen Bank für Rolf E.BreuerVON ROLF OBERTREIS, FRANKFURT (MAIN)

Der Wechsel hat eigentlich längst stattgefunden.Formal lenkt Hilmar Kopper zwar noch bis zum Ende der Hauptversammlung am kommenden Dienstag als Vorstandssprecher die Geschicke der Deutschen Bank.Faktisch aber wird sein Vorstandskollege Rolf E.Breuer schon seit Wochen in der Öffentlichkeit mit dieser Aufgabe in Verbindung gebracht.Seit dem 30.Oktober des vergangenen Jahres steht fest, daß der gebürtige Rheinländer zum mächtigsten Banker der Republik aufsteigt und Kopper künftig den Aufsichtsrat führt.Seitdem ist der noch amtierende Vorstandssprecher ­ abgesehen von der Bilanzpressekonferenz Ende März ­ nicht mehr häufig erschienen. Unumwunden gibt Kopper zu, daß er sich freut, freitags mal früher aus dem Büro zu kommen oder bei Geschäftsreisen noch einen Tag privat dranhängen zu können.Und er genießt es, sich nach siebeneinhalb Jahren an der Spitze des Geldhauses mit großen geschäftlichen Erfolgen, aber auch etlichen Pannen wie Schneider oder Metallgesellschaft seinen "Hobbys" widmen zu können.Bei der Besichtigung der Reichstag-Baustelle in Berlin ist seine Begeisterung für Architektur mit Händen zu greifen.Architekt war sein Berufswunsch ­ wäre er nicht Banker geworden.Eine Woche nach seinem Abtritt wird sich Kopper noch einmal seiner zweiten Muße hingeben ­ der Kunst ­ und in Berlin das Kunstzentrum "Deutsches Guggenheim Berlin" vorstellen, ein gemeinsames Projekt der Bank und der New Yorker Guggenheim Foundation. Rolf E.Breuer hält es dagegen mehr mit der klassischen Musik, nicht nur als Förderer der Komischen Oper in Berlin oder als Schatzmeister der Internationalen Bachakademie.Aber dafür wird noch weniger Zeit bleiben als bisher.Breuer ist gefordert ­ nicht weil die Deutsche Bank mit ihren Geschäften schlecht dasteht.Im Gegenteil.Die Zahlen des vergangenen Jahres waren so gut wie nie zuvor.Aber er muß den vom "Architekten" Kopper eingeleiteten radikalen Umbau der größten Bank Europas in trockene Tücher bringen und die durch den starken Stellenbau der letzten Jahre hervorgerufene Unruhe in der Bank dämpfen.Breuer hat den Umbau voll mitgetragen, schließlich ist er im Vorstand für das Investmentgeschäft zuständig ­ und dies ist mittlerweile eine der wichtigsten Stützen der Bank. Der neue Mann an der Spitze wird aber auch weiter gestalten ­ zum Beispiel beim Ausbau des Investmentgeschäftes.In den USA und in Asien ist die Deutsche Bank noch zu schwach, um das Ziel, unter die ersten fünf der Welt aufzurücken, erreichen zu können.Warum sollte Breuer nicht ein US-Investmenthaus kaufen, auch wenn sein Vorgänger dies heute noch ausschließt? Schließlich wird der neue Mann die größte Bank Europas in die Euro-Zeit hineinführen, die für die Geldhäuser neue Perspektiven eröffnet. Mindestens ebenso intensiv aber wird sich Breuer um das arg angekratzte Renommee der Deutschen Bank kümmern müssen.Als er im Herbst auserkoren wurde, galt der 59jährige Bonner, der seit fast 40 Jahren in den Diensten der Bank steht und seit zwölf Jahren im Vorstand sitzt, nach dem impulsiven Kopper als der richtige Mann gerade für diese Aufgabe.Mittlerweile ist der Lack ab ­ mit seinen Auftritten im Fall Thyssen/Krupp hat der designierte Vorstandssprecher viel Kredit verspielt.Viele kritisierten ihn danach als "aalglatt" und "arrogant". Der Banker weiß um diese Pannen."Wir müssen klarer sagen, was und warum wir es tun", gibt er die Devise für eine offensivere und ehrlichere Informationspolitik aus.Er weiß um das "Feindbild" Deutsche Bank und daß gerade die Nr.Eins der Branche immer zuerst in der Kritik steht.Vom Typ her wäre Breuer dafür eigentlich der richtige Mann: Er sagt lieber ein Wort zu wenig als zu viel, redet klar, direkt und verständlich, gibt sich freundlich.Als Aufsichtsratschef der Deutschen Börse und vehementer Verfechter der Computerbörse hat er dennoch bereits Makler und Regionalbörsen verprellt.Breuer mag arrogant wirken, vielleicht auch weil er wie ein Sonnyboy daherkommt.Tatsächlich aber sind Statussymbole für ihn sekundär: Er bleibt in seinem Büro, behält den Schreibtisch genauso wie das Dienstauto. Kopper und Kohl ­ da ging in den letzten Jahren nicht viel zusammen, weil sich der Banker vom Kanzler zu Unrecht kritisiert fühlte.Der Rat der Bank, zu Zeiten von Abs, Christians oder Herrhausen in Bonn hoch geschätzt, war in den letzten Jahren nicht gefragt."Ich habe ein gutes Verhältnis zu Kohl", sagt CDU-Mitglied Breuer."Und ich will es auch pflegen". Breuer ist nicht nur wegen der Pannen im Fall Thyssen/Krupp "vorbelastet".Viele seiner Aufsichtsratsmandate hat er mit wenig Geschick und Glück erfüllt, für den Skandal bei der Fondstochter Morgan Grenfell mußte vor allem er gerade stehen.Doch all diese Patzer in der Vergangenheit müssen nach Ansicht des Rheinländers nicht eine Bürde für seine gute Arbeit als Vorstandssprecher sein. Um weitere Fehler zu vermeiden, will er allerdings seine Aufsichtsratsmandate abgeben und nur die behalten, die "zwangsläufig" sind.Ein Eingeständnis der Macht der Banken ist das gleichwohl nicht.Auch Breuer betrachtet die Geldhäuser vor allem als Berater und "Mittler".Da steht er seinem Vorgänger in nichts nach.Der wird das Treiben seines Nachfolgers als Aufsichtsratschef genau verfolgen.Aber reinreden werde er ihm nicht, versichert Kopper.

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