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Was passiert mit dem Immobilienmarkt in Berlin?

© Thilo Rückeis

Stadtentwicklung und Finanzen: Wer sich Immobilien in Berlin leisten kann

Derzeit ist viel von (Zins)Fallen und (Immobilien)Blasen die Rede. Doch niemand weiß, was passieren wird. Aber die Politik könnte einiges tun, um Schlimmes zu vermeiden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Kevin P. Hoffmann

Kaufen oder mieten? Jetzt schnell handeln, wo gerade unterschiedlichste Nachrichten vom Immobilienmarkt in immer höherer Frequenz eintrudeln. Kollabiert der Markt? Oder geht es jetzt erst richtig los?

Keine Panik. Zunächst die Perspektive geraderücken: Wen derartige Fragen umtreiben, der kann sich glücklich schätzen! Wer sich solche Sorgen leisten kann, ist in der Regel schon weit gekommen in der persönlichen Lebens- und Vermögensplanung. Kaufen oder mieten? Das ist eine Qual der Wahl, die die überwiegende Mehrheit der Bewohner der Millionenstadt Berlin gern hätte.

Angesichts vieler Jubelgeschichten aus der Boomtown Berlin vergisst man leicht, dass die Wirtschaft der Hauptstadt bis heute im Kern strukturschwach ist und die Bevölkerung im Schnitt deutlich weniger vermögend als in Hamburg, München oder Frankfurt. Berlins Arbeitsmarkt wird nicht von der Industrie bestimmt, sondern vom Dienstleistungssektor, in dem schlechter bezahlte Tätigkeiten und prekäre Beschäftigungsverhältnisse verbreitet sind. Das heißt: Die meisten Berliner sind in der passiven Rolle gefangen, können nur als Mieter zur Kenntnis nehmen, wenn ihr Vermieter mal wieder einen Aufschlag haben will.

Mancher dürfte sich verhoben haben

Derzeit ist viel von (Zins)Fallen und (Immobilien)Blasen die Rede. Hier tappt man hinein, dort soll etwas platzen. Doch wo? Wann? Niemand kennt die Antwort. Wirklich niemand. Denn kaum ein Segment der Wirtschaft ist so komplex wie der Immobilienmarkt, kaum eines kennt so hohe Margen, entsprechend hohe Risiken und ist daher auch so anfällig für Betrug. Fast jeder, der seine Prognose zur Marktentwicklung gratis anbietet, hat Interessen: auch seriöse Makler, das Handwerk, der Mieterbund. Nur wer sich das bewusst macht, sich Skepsis bewahrt und sich von kurzfristigen Nachrichten nicht zu sehr beeindrucken lässt, kann mit dieser Ahnungslosigkeit – mit dem Schicksal – gut leben.

Ein Szenario sorgt derzeit für besonders viel Unruhe: Nennen wir es den „Markt der Verlierer“. Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase haben sich viele Privatinvestoren Geld geliehen, um Immobilien zu kaufen. Mancher dürfte sich verhoben haben. Steigen die Zinsen (wonach es aktuell aber nicht aussieht), könnten sie Probleme bei der Anschlussfinanzierung bekommen. Vermietende Eigentümer könnten sich dann genötigt fühlen, die Mieten zu erhöhen – nicht zwingend aus Raffgier, sondern aus der Not heraus. So werden auch immer mehr Mieter zu Verlierern. Wäre möglich. Doch diese Kausalkette hat sehr viele Glieder. Mancher wünscht sich auch einen Crash: Teure Immobilien kämen in die Zwangsversteigerung, neue Chancen böten sich. Auch das ist möglich. Doch die Mieten würden dadurch nicht fallen.

Trotz aller Komplexität gilt: Das Angebot bestimmt die Nachfrage. Gestaltungswillige Politiker können dieses Angebot beeinflussen, so Marktexzesse eindämmen, Mieten stabilisieren. Kommunaler Wohnungsbau ist ein Instrument, mehr Beamtenstellen für Bauplanung und Genehmigung, weniger Bauvorschriften sind es auch. Politik könnte Gerichten ermöglichen, jene zu bestrafen, die Immobilien nur als kurzfristiges Renditeobjekt betrachten. Die Mietpreisbremse ist kaum mehr als ein PR-Gag. In der aktuellen Form erfüllt sie den Zweck nicht und bringt mehr Unruhe in den Markt als Verlässlichkeit.

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