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Wirtschaft: Stahl-Lektionen

EDITORIALS Vergangene Woche hat die USRegierung ihre gravierendste wirtschaftliche Fehlentscheidung rückgängig gemacht und die im März 2002 eingeführten Sonderzölle auf Stahlimporte aufgehoben. Hat die Bush-Administration aus diesem Fiasko gelernt?

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Vergangene Woche hat die USRegierung ihre gravierendste wirtschaftliche Fehlentscheidung rückgängig gemacht und die im März 2002 eingeführten Sonderzölle auf Stahlimporte aufgehoben. Hat die Bush-Administration aus diesem Fiasko gelernt? Da Präsidenten kaum je ihre Fehler eingestehen, erklärte Bush, die Zölle hätten im Zuge einer Umstrukturierung der US-Stahlindustrie ihren Zweck erfüllt und würden nicht länger benötigt. Wir hoffen nur, dass niemand im Weißen Haus das wirklich glaubt. Wenn die größte Wirtschaftsmacht der Welt dem Protektionismus frönt, halten alle übrigen es für den sichersten Weg, dasselbe zu tun. Als Folge sind bereits die internationalen Freihandelsgespräche der Welthandelsorganisation und die Verhandlungen über eine panamerikanische Freihandelszone FTAA ins Stocken geraten. Was die Stahlindustrie angeht, war die Konsolidierung der Branche unvermeidlich, mit oder ohne Zölle.

Gesamtwirtschaftliche Trends beeinflussen Konjunkturaussichten sehr viel stärker als Zölle. Die Aktien der betroffenen Unternehmen sind in diesem Jahr trotz der Erwartung, dass die Zölle aufgehoben werden würden, gestiegen. Kein Wunder. Denn die Preise für Stahl und andere Gebrauchsgüter sind mit der beginnenden Erholung der Weltwirtschaft in die Höhe geschnellt. Die Zölle nicht zu kippen, hätte für die weiterverarbeitende Stahlindustrie in den USA noch größere Härten bedeutet. Sie hat es ohnehin schon mit höheren Preisen, Lieferverzögerungen und sogar Engpässen zu tun. Wenn im Jahr 2002 ein globales Überangebot an Stahl existiert haben mag, so hat sich das mit der boomenden Wirtschaft Chinas und ihren wachsenden Stahlimporten aufgelöst. US Steel, Nucor und andere Hersteller signalisieren Preiserhöhungen für Lieferungen im Jahr 2004. Die große Illusion besteht darin, dass ein Präsident die Rufe nationaler Industrien nach Protektionismus verstummen lassen kann, indem er diesem frönt. Tatsache ist: Wenn nicht ein amerikanischer Präsident für das Allgemeininteresse an freiem Handel und gegen Beschränkungen eintritt, wird es niemand tun. Die Lektion aus den Stahlzöllen lautet: Protektionismus geht stets nach hinten los. Präsident Bush sei empfohlen, von jetzt an für seine Freihandelsprinzipien einzustehen und sie zu verteidigen.

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