zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Stahlkonzern Arcelor wirbt um Belgiens Hilfe

Im Abwehrkampf gegen die Übernahme durch Mittal Steel sind die Möglichkeiten begrenzt

Frankfurt am Main/Brüssel - Der Stahlkonzern Arcelor hat im Übernahmekampf mit Mittal Steel bei der belgischen Regierung um Unterstützung geworben. Arcelor-Chef Guy Dollé erläuterte dem belgischen Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt am Montag seine Abwehrstrategie. Verhofstadt, der sich in dem Streit bislang nicht positioniert hat, wollte später auch Mittal-Chef Lakshmi Mittal treffen.

Während Frankreich und Luxemburg sich bereits hinter Arcelor gestellt haben, hat sich Belgien bislang bedeckt gehalten. Der Präsident der belgischen Region Wallonien, Elio di Rupo, der beim Gespräch mit Dollé anwesend war, sagte anschließend, das Mittal-Angebot und die Gegenstrategie sollten auf ihre möglichen Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Produktion sowie Forschung und Investitionen geprüft werden. Belgien hält 2,4 Prozent der Anteile an Arcelor. Der luxemburgische Stahlkonzern beschäftigt in Wallonien rund 13 000 Mitarbeiter.

Arcelors Verteidigungsmaschine gegen Mittal läuft, die Aussichten auf Erfolg sind allerdings gering. Zum einen hält der Luxemburger Konzern nur vier Prozent der eigenen Aktien, freundliche Aktionäre gibt es kaum, 82 Prozent der Anteile sind breit gestreut. Zum anderen wird sich wohl kein „weißer Ritter“ finden, der mit einer Kaufofferte Arcelor vor der Übernahme durch Mittal rettet. Der japanische Stahlkonzern Nippon Steel zumindest lehnt laut Presseberichten den Einsatz als „Weißer Ritter“ ab.

Also bleibt Arcelor erst einmal nur der verbale Gegenangriff. „Der lässt sich am schnellsten und unkompliziertesten einleiten“, sagt ein Kommunikationsexperte am Börsenplatz Frankfurt. Und genau das macht Dollé. Wortreich erklärt er, dass das Angebot von Mittal nicht nur viel zu niedrig, sondern strategisch auch nicht sinnvoll sei. Dann zieht er die politische Karte - mit Erfolg. Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker sorgt sich um Standort und Arbeitsplätze und setzt sich an die Spitze des Widerstands. Er will auf das feindliche Mittal-Angebot „eine nicht weniger feindliche Antwort“, geben. „So etwas gehört zum Standardrepertoire“, sagt der Berater. Gerade in Europa fürchteten Angreifer den starken Einfluss von Gewerkschaften und Politik auf die Wirtschaft.

Andere Abwehrstrategien sind komplexer. Eine der radikalsten Maßnahmen ist nach dem Computerspiel Pacman benannt. Dabei dreht der Verteidiger den Spieß einfach um und schluckt den Angreifer. Arcelor steht diese Option allerdings nicht zur Verfügung, da die Familie Mittal eigenen Angaben zufolge rund 88 Prozent der Aktien hält.

Doch es gibt noch andere Möglichkeiten. Steht ausreichend genehmigtes Kapital zur Verfügung, kann das Management mit Zustimmung des Aufsichtsrats neue Aktien gezielt an befreundete Investoren oder an die Mitarbeiter ausgeben. Die Sache hat nur einen Haken: Eine Kapitalerhöhung muss im Interesse der Aktionäre liegen, sonst drohen Schadensersatzklagen. Theoretisch könnte Arcelor sich auch durch den Verkauf einzelner Unternehmensteile unattraktiv für Mittal machen. In Deutschland ist diese Methode verboten, international aber erlaubt.

Abwehrstrategien gibt es zwar viele, doch stehen die Chancen für Arcelor nicht gut. Das zeigen Daten aus der Zeit des großen Börsenbooms. Von etwa 200 feindlichen Übernahmeversuchen in den USA zwischen 1995 und 2000 waren über die Hälfte erfolgreich. Gerade wenn der Angreifer sein Angebot nachbesserte, brach der Widerstand oft zusammen. mm (HB)

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false