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Wirtschaft: Standpunkt: Berlin drohen noch größere Belastungen

Der Berliner Finanzsenator Sarrazin hat wiederholt darauf hingewiesen, Berlin habe kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Das ist insoweit richtig, als eine Stärkung der eigenen Finanzkraft (Steuereinnahmen pro Einwohner) keine wirkliche Entlastung in der Haushaltslage bringen kann.

Der Berliner Finanzsenator Sarrazin hat wiederholt darauf hingewiesen, Berlin habe kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Das ist insoweit richtig, als eine Stärkung der eigenen Finanzkraft (Steuereinnahmen pro Einwohner) keine wirkliche Entlastung in der Haushaltslage bringen kann. Bei der heutigen Gestaltung des Finanzausgleichs würde Berlin bei erfolgreicher Politik sogleich die Quittung bekommen: Die Transfers aus dem Länderfinanzausgleich und die Fehlbetrags-Bundesergänzungszuweisungen (BEZ) würden nahezu im gleichen Umfang reduziert. Im Zusammenwirken garantieren diese beiden Instrumente jedem Bundesland mindestens 99,5 Prozent des durchschnittlichen Steueraufkommens aller Länder. Es lohnt sich deshalb nicht, die eigene Finanzkraft zu stärken.

Von der Einnahmenseite her kann die prekäre Haushaltslage Berlins nur verbessert werden, wenn es gelingt, über die Aus-gleichssysteme mehr Zahlungen an Berlin zu erreichen, also quasi Dritte für Berlin zahlen zu lassen. Offenbar soll dieser Weg nun beschritten werden. Ein Ansatzpunkt sind die Forderungen nach mehr Bundeshilfe wegen der Hauptstadtfunktion oder nach zusätzlichen Sonderbedarfs-BEZ wegen einer Haushaltsnotlage Berlins. Ob die Voraussetzungen erfüllt sind und ob der Bund angesichts der eigenen Finanzprobleme dazu überhaupt bereit ist, muss im Augenblick wohl bezweifelt werden.

Berlin ist nunmehr auf einen Plan gekommen, wie man über den Länderfinanzausgleich zusätzliches Geld erhalten kann: Die Transfers in diesem Ausgleichssystem hängen - bei gegebener Finanzkraft der 16 Länder - von der Einwohnerzahl der einzelnen Bundesländer ab. Deshalb will Berlin mit einer Prämienzahlung von 110 Euro zehntausend bereits in Berlin lebende Studenten veranlassen, ihren ersten Wohnsitz in Berlin zu nehmen und damit die Einwohnerzahl Berlins zu vergrößern, wobei im Länderfinanzausgleich jeder Bürger eines Stadtstaates mit einem Gewicht von 135 Prozent angesetzt wird. Berlin erwartet zusätzlich 29 Millionen Euro, die die übrigen Bundesländer aufzubringen hätten. Allerdings geht diese Rechnung nur so lange auf, wie nicht auch andere Bundesländer auf den gleichen Gedanken kommen und erfolgreich zusätzliche Bürger anwerben können.

Während noch über die Möglichkeiten nachgedacht wird, über den Länderfinanzausgleich zusätzliche Mittel zu "beschaffen", droht gerade von daher neues Ungemach. Das Land Niedersachsen ist nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes verpflichtet, an die "Brigitta Erdgas und Erdöl" einen Betrag von 1,26 Milliarden Euro, einschließlich Zinsen und Verfahrenskosten in Höhe von 306 Millionen Euro, für in den Jahren 1980 bis 1988 zu viel gezahlte Förderabgaben zu erstatten. Da diese Zahlungen in die Berechnung der Finanzkraft Niedersachsens im Jahre 2001 eingehen werden, sind davon letzten Endes alle Bundesländer betroffen. Wie stark, ist zwar juristisch und politisch noch umstritten. Aber gleichgültig, welchem Vorschlag man folgen wird, der derzeitige Hauptnutznießer des Länderfinanzausgleichs, nämlich Berlin, wird mit erheblichen Belastungen rechnen müssen. Je nachdem, ob man den Vorstellungen Niedersachsens (Abzug von 1,26 Milliarden Euro), denen der übrigen 15 Bundesländer (Abzug von 304 Millionen Euro) oder dem Kompromissvorschlag des Bundes (Abzug von 782 Millionen Euro) folgt, wird sich Berlin mit etwa 65 Millionen Euro, 40 Millionen Euro oder 16 Millionen Euro an der Rückzahlung Niedersachsens beteiligen müssen. Die Chancen, über höhere Transfers aus dem Länderfinanzausgleich die Haushaltsprobleme Berlins lösen zu können, sind daher eher schlecht. Dem Land bleibt nur eine konsequente Politik der Ausgabenkürzungen und der Privatisierungen. Der jetzt vorgelegte Doppelhaushalt ist dafür allenfalls ein Einstieg.

Professor Rolf Peffekoven ist Direktor des Institu

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