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Wirtschaft: STANDPUNKT: Zur Steuerreform gibt es keine Alternative

Die Finanzpolitiker sollten nicht länger über eine Umverteilung des bestehenden Mangels nachdenkenVON ROLF PEFFEKOVENÖffentliches Geld ist allerorten knapp geworden; neues zu beschaffen, wird immer schwieriger.Angesichts der ohnehin schon hohen Belastung mit Steuern und Abgaben und der schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt kommen Steuererhöhungen nicht in Frage, ganz im Gegenteil: Steuersenkungen sind das Gebot der Stunde.

Die Finanzpolitiker sollten nicht länger über eine Umverteilung des bestehenden Mangels nachdenkenVON ROLF PEFFEKOVEN

Öffentliches Geld ist allerorten knapp geworden; neues zu beschaffen, wird immer schwieriger.Angesichts der ohnehin schon hohen Belastung mit Steuern und Abgaben und der schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt kommen Steuererhöhungen nicht in Frage, ganz im Gegenteil: Steuersenkungen sind das Gebot der Stunde.Auch auf dem Kreditwege sind zusätzliche Einnahmen kaum noch zu gewinnen, denn die öffentliche Verschuldung hat bereits ein Ausmaß angenommen, das gesamtwirtschaftlich negative Auswirkungen hat.Zudem verlangt die Einhaltung der Maastricht-Kriterien für eine solide Finanzlage die Rückführung der Verschuldung.Über Privatisierungserlöse können nur einmalig Mehreinnahmen erzielt werden; denn eine konkrete Privatisierungsaktion kann nicht wiederholt werden.Beim Bund sind zudem die Möglichkeiten begrenzt: Sieht man einmal von Telekom und Postbank ab, stehen nur noch quantitativ wenig bedeutsame Objekte zum Verkauf an.In einer solchen Situation können die öffentlichen Haushalte nur saniert werden, wenn auf allen staatlichen Ebenen die Ausgaben gekürzt werden.Dazu ist die Politik aber offenbar nicht bereit. Einen Ausweg aus diesem Dilemma haben nun einige entdeckt: Man muß versuchen, in den internationalen und nationalen Umverteilungssystemen (Finanzausgleich) die eigene Position zu verbessern, also gleichsam den Mangel an öffentlichem Geld anders verteilen.So kündigt der Bundesfinanzminister an, die deutschen Beiträge zum EU-Haushalt zu reduzieren, obwohl das heutige Finanzierungssystem der EU mit Zustimmung der Bundesrepublik zustande gekommen ist und bis zum Ende des Jahres 1999 auch nicht geändert werden kann.Die Bundesländer unterstützen den Bundesfinanzminister in seiner Forderung nach Absenkung der deutschen Leistungen, obwohl sie selbst gar keine Beiträge an den Haushalt der EU zu zahlen haben.Offenbar hegen sie aber die Hoffnung, bei Entlastung des Bundes von EU-Beiträgen ein Argument für die Neuverteilung des Umsatzsteueraufkommens zu finden; denn nach Artikel 106 Abs.4 des Grundgesetzes müssen die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer neu festgelegt werden, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder anders entwickelt.Kann der Bund bei den EU-Beiträgen, die für ihn Ausgaben sind, sparen, dann wird das für die Länder Anlaß sein, eine Neuverteilung der Umsatzsteuer zu ihren Gunsten zu fordern. Ein weiterer Verteilungsstreit spielt sich derzeit zwischen dem Bund und den neuen Ländern ab: Der Bundesfinanzminister versucht, seine Zahlungen für die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" zu reduzieren, was im Ergebnis - sofern das bisherige Fördervolumen aufrecht erhalten werden soll - zu Lasten der neuen Bundesländer geht.Auch zwischen den einzelnen Bundesländern beginnen Verteilungskämpfe.Der "geeignete" Ort dafür ist der Länderfinanzausgleich.Zwar haben alle Bundesländer dem heute geltenden System 1993 bei Abschluß des Föderalen Konsolidierungsprogramms zugestimmt, das hindert viele aber nicht daran, diese Regelungen nun wieder in Frage zu stellen.Ein ausgleichspflichtiges Land (Geberland) wird heute bemüht sein, seine Beiträge zu reduzieren; ein ausgleichsberechtigtes Land (Nehmerland) wird versuchen, die erhaltenen Zuweisungen zu erhöhen. Im Ergebnis sind solche Verteilungskämpfe immer Nullsummenspiele: Was der eine öffentliche Haushalt gewinnt, geht zu Lasten eines anderen.Die Probleme des öffentlichen Gesamthaushalts werden dadurch in keiner Weise gelöst.Die Finanzpolitiker sollten sich deshalb weniger auf solche Umverteilungsdiskussionen verlegen als vielmehr Aktivitäten entfalten, die dazu beitragen, daß die schwierige Lage des öffentlichen Gesamthaushalts beseitigt werden kann, also die Steuereinnahmen wieder reichlicher fließen.Dazu gehört vor allem eine Steuerreform, die über Tarifsenkung, Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und Nettoentlastung zu mehr Investitionen und Beschäftigung führt.Wenn das erreicht werden kann, dann profitieren davon alle öffentlichen Kassen.So würde eine Rückführung der Arbeitslosigkeit um 500 000 Personen die öffentlichen Haushalte insgesamt um 15 bis 20 Mrd.DM entlasten.Nur so und nicht über Umverteilung des bestehenden Mangels läßt sich das Dilemma der deutschen Finanzpolitik beheben.Rolf Peffekoven ist Direktor des Instituts für Finanzwissenschaft der Universität Mainz und Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

ROLF PEFFEKOVEN

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