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Lange Leitung. Der Windstrom muss von Nord nach Süd geleitet werden. Foto: dpa

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Wirtschaft: Starkstrom aus dem Meer auf die Schiene

Der Netzausbau kommt voran – auf dem Papier.

Berlin - Die Bundesregierung will sich später offenbar nicht vorwerfen lassen, an ihr sei der Ausbau der Stromnetze und damit die Energiewende insgesamt gescheitert. Am Montag klärte sie gleich zwei Fragen in dem Zusammenhang: Zum einen einigten sich Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Umweltminister Peter Altmaier (CDU) darauf, wie die Betreiber von Hochsee-Windparks entschädigt werden, sollte die nötige Netzanbindung an Land nicht rechtzeitig verfügbar sein. Zum anderen legte die Bundesnetzagentur ein Gutachten vor, das beschreibt, unter welchen Bedingungen man die Trassen der Deutschen Bahn nutzen könnte, um auch Höchstspannungsleitungen zu verlegen.

Was die Stromerzeugung auf See angeht, hatte die Bundesregierung zwar die gewaltige Summe von fünf Milliarden Euro bereitgestellt, um die Finanzierung riesiger Windparks abzusichern. Trotzdem sprangen bisher kaum Investoren an, da wichtige Haftungsfragen ungeklärt sind. Rösler und Altmaier stellten nun Eckpunkte eines „Offshore-Netzentwicklungsplans“ vor, der helfen soll, den Bau und die Anbindung enger zu verzahnen. Unter anderem sollen Betreiber von betriebsbereiten Hochseewindparks ab dem 11. Tag, an dem sie keinen Strom einspeisen können, Schadenersatz in Höhe von 90 Prozent der entgangenen Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare Energien Gesetz erhalten. Die Kosten trägt der Übertragungsnetzbetreiber.

Allerdings kann das Unternehmen die Kosten bundesweit umlegen. Nur wenn dem Netzbetreiber grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen wird, muss er selbst bis zu 20 Prozent der Kosten tragen. Insgesamt soll der Netzbetreiber für nicht vorsätzlich verursachte Schäden höchstens 100 Millionen Euro zahlen müssen, heißt es in der Gesetzesvorlage der Minister. Die Risiken sollen also – ähnlich wie bei der Kernkraft – vergemeinschaftet werden. Um Verbraucher dabei vor „übermäßigen Belastungen“, wie es in dem Papier heißt, zu schützen, müssen die Netzbetreiber Versicherungen gegen den Ausfall abschließen. Mit dem Gesetz würde die Regierung mehr Planungssicherheit für alle Beteiligen schaffen und Investitionshemmnisse beseitigen, sagte Rösler.

Sollte der Strom so in einigen Jahren tatsächlich im großen Stil auf See erzeugt werden, bliebe die Frage, wie er zu den Industriezentren im Süden kommt. Eine Hoffnung ruhte da bisher auf der Deutschen Bahn, die entlang ihres Schienennetzes ihr 7750 Kilometer langes Stromnetz betreibt. Im nun vorgestellten Gutachten der Bundesnetzagentur ist allerdings von einer oft „allzu optimistischen Beurteilung dieser Transportmöglichkeit“ die Rede. Die Bahnstromtrassen seien „nur unter engen Restriktionen im Rahmen des anstehenden Netzausbaus nutzbar“. Die Bahnleitungen selbst sind so gut wie nicht nutzbar, da sie Strom mit einer niedrigeren Frequenz als üblich übertragen. Man könnte entlang der Schienen Kabel verlegen. Das wäre teuer, könnte aber Genehmigungszeiten verkürzen, heißt es. Kevin P. Hoffmann

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