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Smart for vision: So könnte die nächste Generation des elektrischen Daimler-Kleinwagens aussehen.

© promo

Startschwierigkeiten: Elektroautos mit zu viel Feuer

Die Hersteller brauchen Elektroautos, um strenge CO2-Vorgaben erfüllen zu können – doch beim Start geht einiges schief.

Der Aufbruch ins elektromobile Zeitalter beginnt mit einem Feuerwehreinsatz. Bei Testfahrten in den USA ging vor Wochen die Batterie des Elektroautos Chevrolet Volt in Flammen auf. Ein Albtraum für den Hersteller General Motors (GM): Der baugleiche Opel Ampera sollte Anfang 2012 auch in Deutschland auf den Markt kommen.

6500 Vorbestellungen liegen Opel vor, doppelt so viele Fahrzeuge wollte die GM-Tochter im kommenden Jahr verkaufen. Großflächig wird das Mittelklasseauto derzeit beworben. Doch die Auslieferung des 42 900 Euro (Basisausstattung) teuren Wagens, der von GM in der Nähe von Detroit gebaut wird, musste nach den Batteriebränden gestoppt werden. Die amerikanische Verkehrssicherheitsbehörde ermittelt. „Sicherheit geht vor“, heißt es in Rüsselsheim. Das Ziel, der erste deutsche Massenhersteller zu sein, der ein Elektroauto auf die deutschen Straßen bringt, rückt in weite Ferne.

In Stuttgart wird der Fehlstart des Wettbewerbers mit klammheimlicher Freude beobachtet. Daimler hat mit seinem elektrischen Kleinwagen Smart Electric Drive 2012 ebenfalls Großes vor. Wenn es für Opel schlecht läuft, kann Smart die Elektro-Premiere selbst feiern – mit einem Auto, das nur noch Strom, aber kein Benzin mehr verbraucht. Mitte des Jahres soll der elektrische Smart für 19 000 Euro (plus 70 Euro Monatsmiete für die Batterie) in den Handel kommen. „Sehr zufrieden“ sei man mit den Vorbestellungen, sagt ein Sprecher. Vor allem gewerbliche Nutzer seien interessiert. Details hält er zurück – für die große Einführungskampagne in wenigen Wochen.

DIE AUTOS

Von einem Wettrennen der deutschen Hersteller zu sprechen, wäre angesichts des überschaubaren Teilnehmerfelds eine Übertreibung. Es sind vor allem die Importeure, die sich 2012 bei deutschen Kunden mit Elektromobilen empfehlen: Renault (Kangoo und Fluence ZE), Mitsubishi (iMiev), Citroën (C-Zero) oder Peugeot (I-On). Spannend soll es 2013 werden, wenn BMW (i3) und Volkswagen (eUp) mit eigenen, reinen Elektroautos antreten. „Wir sind sicher, dass wir mit dem i3 technisch sauber in den Markt gehen werden“, sagte BMW-Chef Norbert Reithofer diese Woche – und hatte dabei die Probleme bei Opel im Hinterkopf. Der Stadtwagen i3 soll weniger als 40 000 Euro kosten. Mit dem „Megacity Vehicle“ entwickelt BMW ein originäres E-Auto, dessen Ultraleichtbau-Karosserie auf die Erfordernisse der E-Mobilität abgestimmt ist. Der i3 (und ab 2014 der i8) hat mit den umgebauten Testfahrzeugen Mini E oder Active-E, die auf Berliner Straßen unterwegs sind, kaum noch etwas zu tun. Doch bis man die i-Klasse kaufen kann, werden noch mindestens anderthalb Jahre vergehen.

Gleiches gilt für VW. Auch in Wolfsburg rechtfertigt man die „zeit- und kostenintensiven Entwicklungsaktivitäten“, mit der Absicht, „zum Markteintrittszeitpunkt auch alle Kundenanforderungen zu erfüllen“. Opels brennender Ampera lässt auch hier grüßen. Eine solche Panne will sich Europas größter Autohersteller nicht leisten. „Der Volkswagen-Konzern hat das Ziel, Elektromobilität sicher, alltagstauglich und zu bezahlbaren Preisen in den Markt zu bringen“, sagt Rudolf Krebs, Konzernbeauftragter für das Thema Elektro-Traktion. Angaben zum Preis des eUp macht er nicht. Deutlich mehr als die 10 000 Euro, die das konventionelle Up-Modell mit Verbrennungsmotor kostet, dürften es aber wohl werden.

SCHAUFENSTER UND ANREIZE

Der Weg der Elektromobilität „aus der Nische ins Massensegment“ (VW-Chef Martin Winterkorn) ist also immer noch lang – anderthalb Jahre nach Gründung der Nationalen Plattform Elektromobilität. Das von der Bundesregierung eingesetzte, 170 Experten zählende Gremium soll die vielfältigen technischen und organisatorischen Probleme rund um die Elektroautos lösen und den Marktstart beschleunigen. Viel ist noch zu tun: Gerade einmal 1900 Elektroautos werden nach Hochrechnungen des Car-Centers der Universität Duisburg-Essen dieses Jahr in Deutschland neu zugelassen – etwa 120 davon von Privatpersonen, der Rest von Autobauern, Händlern und Unternehmen. Bis 2020 sollen nach dem Willen der Regierung eine Million reine Batteriefahrzeuge und Plug- in-Hybride in Deutschland fahren – auf dem „Leitmarkt“. Doch der „kümmert vor sich hin“, wie Car-Direktor Ferdinand Dudenhöffer meint. „Eine der Hauptursachen für das langsame Vorankommen der Elektromobilität sind die Förderprogramme der Bundesregierung“, sagt der Autoforscher. Es dauere sehr lange, bis Wettbewerbe definiert und Projekte genehmigt würden.

So wird sich wohl auch die Eröffnung der drei bis fünf „nationalen Schaufenster“ hinziehen, in denen sich auch Berlin präsentieren will. Bis zum 16. Januar müssen die interessierten Regionen ihre Bewerbungen vorlegen, eine Fachjury gibt im Februar dann ein erstes Votum ab, bis März wollen die vier beteiligten Bundesministerien eine Auswahl treffen. Dudenhöffer schätzt, dass über die entsprechenden Förderanträge erst im Herbst 2012 entschieden werden kann. „Bis das erste Elektroauto mit dem Schaufenster- Wettbewerb auf die Straße kommt, werden wir wohl ein weiteres Jahr ins Land streichen lassen“, sagt Dudenhöffer.

Unterdessen könnten die Verbraucher das Interesse am Thema Elektromobilität verlieren. Die Aral-Studie 2011 zeigt, dass die Bereitschaft, ein E-Auto zu kaufen, in den vergangenen zwei Jahren deutlich nachgelassen hat. Eine in dieser Woche veröffentlichte Umfrage des Autozulieferes Continental bestätigt: Nur vier Prozent der potenziellen Interessenten wären bereit, auch höhere Preise für ein batteriebetriebenes Fahrzeug zu akzeptieren (siehe Grafik). Dabei liegen zwischen dem Stand der Technik und den Preisvorstellungen der Autofahrer „noch Welten“, wie Aral ermittelte: Durchschnittlich nicht mehr als 22 300 Euro würde ein Kunde derzeit für ein Elektroauto ausgeben. Ohne finanzielle Kaufanreize werden E-Autos auf dem privaten Automarkt deshalb wohl kaum eine Chance haben.

Das sehen inzwischen auch viele Automanager so. Für sie tickt die Uhr: Bis 2020 müssen die CO2-Vorgaben der EU erfüllt sein, sonst drohen Strafen. Die Flotten dürfen dann im Schnitt nicht mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen – aktuell sind es bei den Neuzulassungen deutscher Marken 144 Gramm. „Dieses Ziel werden wir mit hocheffizienten Diesel- oder Ottomotoren allein nicht erreichen“, sagt BMW-Chef Reithofer. Zumal ab 2025 – „nur zwei Modellzyklen entfernt“ – noch niedrigere CO2-Normen drohen. Reithofer warnt: „Das müssen wir schaffen.“

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