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Kommt er oder kommt er nicht? Wer auf einen Zug wartete, musste in den Tagen um Weihnachten viel Geduld aufbringen.

© dpa

Statistik: Bahn: Zu 20,5 Prozent pünktlich

Eine interne Statistik zeigt, wie der Winter die Bahn trifft: Zeitweise fuhr nur jeder fünfte ICE oder IC rechtzeitig.

Berlin - Die Pünktlichkeit der Deutschen Bahn ist im Winter massiv eingebrochen. Im Fernverkehr war zeitweise nur noch jeder fünfte Zug fahrplangemäß unterwegs. Im Regionalverkehr gelang es zeitweise lediglich sechs von zehn Zügen, pünktlich zu fahren. Das geht aus einer internen Statistik des Unternehmens hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Scharfe Kritik am Winter-Chaos kam von der Bundesregierung. Es sei „im höchsten Maße erstaunlich, was da für Material herumfährt“, sagte Verkehrs-Staatssekretär Klaus-Dieter Scheurle (CSU) am Mittwoch in Berlin mit Blick auf die Züge des Staatskonzerns.

Bei den Pünktlichkeitswerten geht es um den Zeitraum vom 13. bis zum 26. Dezember. In dieser Zeit hatten tiefe Temperaturen, Eisregen und starker Schneefall bundesweit den Bahnverkehr massiv behindert. Besonders schlimm war es am zweiten Weihnachtstag – nur 20,5 Prozent der ICEs und ICs kamen laut der Statistik rechtzeitig an ihr Ziel. Am 17. Dezember war die Lage ähnlich dramatisch, nur 22,2 Prozent der Züge schafften es, pünktlich zu fahren. Im Durchschnitt konnten in der Woche vom 13. bis zum 19. Dezember nur gut 40 Prozent der Züge den Fahrplan einhalten, in der Weihnachtswoche vom 20. bis zum 26. Dezember waren es sogar nicht einmal 30 Prozent. Normal sind im Fernverkehr Werte zwischen 80 und 90 Prozent.

Im Regionalverkehr sah es geringfügig besser aus. Hier lag der schlechteste Wert bei 61,3 Prozent am 17. Dezember. Wenige Tage zuvor hatten die Züge noch 81,4 Prozent erreicht. Im Durchschnitt beider Wochen bewegte sich die Pünktlichkeit im Bereich von 73 Prozent. Zu normalen Zeiten fahren pro Tag gut 21 000 Regional- und 1300 Fernverkehrszüge des Staatsunternehmens.

Die Bahn hält ihre Pünktlichkeitswerte streng unter Verschluss. Ein Sprecher wollte sich zu den Zahlen daher auch nicht äußern. Die Betrachtung der Pünktlichkeit einzelner Tage sei „irreführend“. Seit Jahren komme die Bahn auf Jahressicht auf durchschnittliche Pünktlichkeitswerte von 90 Prozent. In den vergangenen Tagen habe sich die Lage angesichts der Witterung deutlich entspannt – die Fernverkehrszüge etwa seien am Mittwoch zu 72 Prozent pünktlich gewesen.

Wegen der Achsprobleme muss derzeit die ICE-Flotte häufiger als geplant zur Untersuchung in die Werkstatt, so dass die Bahn keine Reservezüge mehr hat. Aus Angst vor neuen Achsschäden mussten die Züge ihr Tempo auf 160 bis 200 drosseln. „Bei den ICEs haben wir dieselben Probleme in Grün wie bei der S-Bahn Berlin“, sagte Verkehrs-Staatssekretär Scheurle. Zudem froren viele Weichen ein, Schneeverwehungen blockierten Gleise, Oberleitungen rissen.

Neben den Ausfällen bei der Berliner S-Bahn gab es auch andernorts im Regionalverkehr umfangreiche Zugausfälle und Streckensperrungen – im Osten, Norden und Süden. Selbst von Lokomotiven gezogene Züge, die sonst als zuverlässig gelten, fielen durch Eisschäden aus. Die Reserven reichten nicht, Kunden mussten auf Busse ausweichen. In Brandenburg wurden vor allem Verstärkerzüge gestrichen, die sonst in Stoßzeiten eingesetzt werden. In mehreren Bundesländern sind Strecken noch für mehrere Tage eingestellt – in Sachsen-Anhalt zwischen Magdeburg und Loburg sowie zwischen Stendal und Tangermünde, in Thüringen zwischen Gräfenroda und Crawinkel, in Mecklenburg-Vorpommern um Rostock. In Sachsen stellte die Bahn den Verkehr in Hoyerswerda am Montag komplett ein. Erst nach Beschwerden des Verkehrsverbundes Oberelbe lieh sich der Konzern aus anderen Teilen der Republik Wagen – seit Mittwoch rollt wieder der Verkehr, wenngleich mit Einschränkungen.

Auch Westdeutschland ist stark betroffen. Zwischen Murnau und Oberammergau in Oberbayern fahren für drei Wochen keine Züge, Fahrgäste müssen auf Busse ausweichen. In Nordbayern gab es so viel Schnee, dass die Bahn noch immer mit dem Räumen beschäftigt ist. „Dass das nötige Gerät erst aus dem Allgäu beschafft werden musste, war da nicht gerade hilfreiche“, berichtete ein Sprecher der Bayerischen Eisenbahngesellschaft, die die Verkehre finanziert. Im Norden machten ebenfalls Züge schlapp. Zwischen Lübeck und Kiel gibt es nur noch stündliche Verbindungen statt wie geplant halbstündliche – neben den Winterproblemen funktionieren viele Züge nicht wie gewollt.

Ein einflussreicher Bahn-Manager sagte, man sei von den schlechten Pünktlichkeitswerten „geschockt“. Das habe es so in den vergangenen Jahren nicht gegeben. „Es ist einfach zu viel zusammengekommen.“ Auch wirtschaftlich bedeuten die Verspätungen für die Bahn einen immensen Schaden. Für Züge, die nicht fahren, müssen die Länder und Verkehrsverbünde auch nicht zahlen. Experten schätzen den Einnahmeverlust auf einen zweistelligen Millionenbetrag.

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