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Wirtschaft: Steuerhinterziehung leicht gemacht

Die Banken locken mit Produkten, bei denen eine Anlage in der Schweiz lohnend erscheintVON DANIEL RHEE-PIENING BERLIN.Der Euro naht, soviel ist sicher, und die Quellensteuer drückt.

Die Banken locken mit Produkten, bei denen eine Anlage in der Schweiz lohnend erscheintVON DANIEL RHEE-PIENING BERLIN.Der Euro naht, soviel ist sicher, und die Quellensteuer drückt.Welcher Anleger wäre da nicht versucht, das eine mit dem anderen zu verbinden.Bot sich früher Luxemburg an, so ist es heute die Schweiz.Der Franken ist die Fluchtwährung vor dem vermeintlich schwachen Euro, und ganz nebenbei lassen sich so Steuern hinterziehen.Eingeweihte nennen das "sparen".Fast alle deutschen Banken machen mit, denn sie müssen sich gegen einen bundesweiten Trend stellen.Wieder einmal fließt Kapital in großen Mengen aus der Bundesrepublik ab.Nach Berechnungen der Landesbank Hessen Thüringen waren es in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres allein 18 Mrd.DM, die in die Alpen gingen.1995 lag die Kapitalausfuhr in die Schweiz erst bei gut drei Mrd.DM.Dieses Geld aber wollen die Kreditinstitute zumindest über ihre Töchter wieder einsammeln. Auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die zu 80 Prozent dem Bund und zu 20 Prozent den Ländern gehört, ist dabei.Vorsitzender des Aufsichtsrates ist niemand geringerer als Bundesfinanzminister Theo Waigel.Die Bank vertreibt auf Franken lautende Anleihen und wirbt mit der Zauberformel "Ohne Abzug irgendwelcher an der Quelle zurückgehaltener gegenwärtiger oder zukünftiger Steuern und Abgaben der Bundesrepublik Deutschland".Auch die Deutsche Ausgleichsbank läßt sich nicht lumpen.Mit einem ähnlichen Slogan vertreibt sie Anleihen, die auf Schweizer Franken lauten.Anmerkung: Auch sie befindet sich in Staatsbesitz.Die Privaten machen es etwas diskreter, aber nicht weniger effizient.Die Geldanlage in Luxemburg war ehemals interessant.Zwar mußte der Anleger vielfach unterschreiben, daß er seine Einnahmen in Deutschland versteuern würde.Was er dann aber tat, blieb ihm selbst überlassen, und die Bank wähnte sich freigesprochen. Die Staatsanwaltschaften machten allerdings sehr bald einen Strich durch diese Rechnung.Durchsuchungen folgten, und den Banken drohten Strafanzeigen wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung.Heftig traf es die Dresdner Bank.Auch ihre Niederlassung Berlin - damals noch in der Kantstraße - sah sich eines morgens von Steuerfahndern und Polizisten umringt und durchsucht.Kartonweise wurden Unterlagen sichergestellt. Das Kreditinstitut reagierte schließlich mit einer Verfassungsklage, über die noch nicht abschließend entschieden ist.Wird das Bankgeheimnis verletzt? Das ist wohl eine der entscheidenden Fragen. In anderen Banketagen hält man sich da etwas bedeckter.Bei der Deutschen Bank interessierten sich die Fahnder vor allem für die saarländischen Filialen.Berlin blieb bisher außen vor.Bei der Commerzbank besuchten die Fahnder die Frankfurter Zentrale samt Umgebung, um Akten einzusammeln.Die Berliner Volksbank wurde Anfang des vergangenen Jahres durchsucht.Zu den laufenden Ermittlungen will sich niemand äußern.Bei der Berliner Bank rückten die Beamten im Februar diesen Jahres an, und auch die ausländischen Institute blieben nicht verschont, so die Chase Manhattan, Merrill Lynch und Citibank. Jüngstes Beispiel ist die Spar- und Leihkasse der Stadt Kiel.Mit 100 Leuten, darunter 80 Steuerfahndern, rückte die Staatsmacht an.Man habe einen Tip bekommen, sagt der zuständige Staatsanwalt auf Anfrage.Durchsucht wurden alle 25 Filialen des Instituts.Ermittelt werde gegen fünf Mitglieder der Geschäftsführung, teilt die Justiz mit.Das Volumen betrage etwa 47 Mill.DM, davon seien etwa 25 Mill.DM strafbewährt.Bis heute liegen über 200 Selbstanzeigen vor, mit deren Hilfe Steuersünder der Strafverfolgung zu entgehen versuchen. Denn eines ist klar: Selbst wenn die Bank ihre Hände in Unschuld waschen kann - der Anleger, der seine Erlöse gegenüber dem Finanzamt verschweigt, macht sich strafbar.Es stellt sich aber die Frage, inwieweit die Kreditinstitute der Tat Vorschub leisten. Wenn es allerdings soweit ist, heißt es schweigen und nicht behindern.Jährlich bekommen rund 15 000 Bundesbürger Besuch von der Steuerfahndung.Die Betroffenen haben das Recht auf Aussageverweigerung.Dies, so raten Experten, solle auch konsequent eingehalten werden, zumindest bis ein Rechtsbeistand eingetroffen ist.Da Steuerfahnder Zugangs- und Durchsuchungsrechte haben, kann auf der anderen Seite jede Behinderung ihrer Arbeit als Widerstand gegen die Staatsgewalt geahndet werden.Schränke und Safes müssen auch dann geöffnet werden, wenn sie Unterlagen enthalten, die vom Durchsuchungsbeschluß nicht erfasst werden.

DANIEL RHEE-PIENING

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