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Wirtschaft: Steuerhinterziehung: Rechnungshofbericht: Schlamperei und Überarbeitung beim Fiskus - Hauptstadt besonders betroffen

Die Berliner Steuerfahnder waren wohl nicht begeistert. Detailliert hat der Rechnungshof in seinem Jahresbericht 2000 den Steuerfahndern aufgelistet, was sie in den vergangenen Jahren alles versäumt haben.

Die Berliner Steuerfahnder waren wohl nicht begeistert. Detailliert hat der Rechnungshof in seinem Jahresbericht 2000 den Steuerfahndern aufgelistet, was sie in den vergangenen Jahren alles versäumt haben. Von Steuerausfällen in zweistelliger Millionenhöhe ist da die Rede, und von einer "geschönten" Jahresstatistik. Um einen Einzelfall handelt es sich dabei nicht: Auch in anderen Bundesländern war man in der Vergangenheit nicht zufrieden mit der Arbeit der Steuerfahnder. Das lässt sich in Rechnungshofberichten in Schleswig-Holstein oder in Niedersachsen nachlesen. So deutlich wie jetzt in Berlin sind die Prüfer der Rechnungshöfe aber selten geworden. Aus dem Jahresbericht geht hervor, dass die Steuerfahndung allein durch unzureichende Besteuerung ausländischer Bauunternehmer und deren Beschäftigten wohl Steuerausfälle in zweistelliger Millionenhöhe verursacht habe. Die Fahnder hätten viel zu spät darauf reagiert, dass nach der Wiedervereinigung die Bautätigkeit in Berlin deutlich zulegte - und damit die Steuerämter vor neue Probleme stellte. Bei ausländischen Baufirmen in der Hauptstadt seien pro Jahr mittlerweile etwa 30 000 bis 40 000 Beschäftigte aus Westeuropa und 8000 aus Osteuropa beschäftigt, heißt es. Die meisten dieser Arbeitnehmer unterlägen der hiesigen Steuerpflicht. Die ausländischen Firmen seien im Inland allerdings selten für längere Zeit erreichbar; eine zeitnahe Ermittlung durch die Finanzbehörden sei deshalb unabdingbar. Zumal die Erfahrungen aus anderen Bundesländern schon Mitte der 90er-Jahre gezeigt hätten, dass ausländische Bauunternehmer oftmals ihren Steuerpflichten nicht nachkommen.

Die Berliner Steuerfahnder aber ließen sich Zeit: Erst im Januar 1999 richteten sie eine Sonderkommission ein, geht aus dem Bericht des Rechnungshofes hervor. An mangelnden Informationen kann das nicht gelegen haben: Schon seit Januar 1998 waren die Bauunternehmer verpflichtet, vor Beginn ihrer Tätigkeit diese schriftlich beim Landesarbeitsamt anzumelden. Diese Meldungen werden an die zuständigen Finanzämter weitergeleitet. Trotzdem blieb in Berlin viel unerledigt. Von rund 900 Bauanmeldungen seien bislang nur 109 ausgewertet worden, klagen die Rechnungsprüfer. Versäumnisse gab es aber nicht nur bei der Steuerfahndung am Bau, sondern auch bei den Bankenverfahren. Eine erhebliche Zahl von Verfahren liege brach, in denen der Verdacht der Hinterziehung von Zinssteuer bestehe. In Berlin zeichneten sich 20 000 Prüffälle ab, in denen die Namen der Kapitalanleger noch ermittelt werden müssten. Dies werde sich bis 2001 hinziehen, geben die Rechnungsprüfer zu Protokoll, und Steuernachforderungen von etwa 280 Millionen Mark auslösen. Ob dieses Geld noch eingefordert werden kann, ist jedoch fraglich. Jeder Tag, der ohne Beginn einer Ermittlung verstreicht, bringt die Steuerflüchtlinge der straf- und steuerrechtlichen Verjährung näher. Gegen solche Versäumnisse nehmen sich die Erfolgsmeldungen der Steuerfahnder, nach denen sich ihr Einsatz für den Staat in der Regel lohnt, bescheiden aus. Dies gilt um so mehr, als der Rechnungshof auch die Jahresbilanz 1998 der Berliner Steuerfahnder genauer unter die Lupe genommen hat. Danach hat die Steuerfahndung 1998 Mehrergebnisse von 148 Millionen Mark erbracht. Die Rechnungsprüfer werten dies jedoch als "unzutreffend". In die Berechnung seien Beträge eingeflossen, die noch nicht bestandskräftig waren oder von deren Festsetzung die Finanzämter abgesehen hatten. Tatsächlich, so die Rechnungsprüfer, haben die Steuerfahnder 1998 nur einen Mehrbetrag von 69 Millionen Mark erarbeitet - weniger als die Hälfte des offiziell ausgewiesenen Betrags.

Aber auch in anderen Bundesländern lässt die Effektivität der Steuerfahndung zu wünschen übrig. In Schleswig-Holstein etwa erreichten Ende 1997 die unerledigten Fälle 83 Prozent der durchschnittlichen Jahresarbeitsleistung.

ke, HB

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