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Banker sagen, dass das Beispiel Collardis Schule machen wird.

© AFP

Steuerhinterziehung: Schweizer Schweigegeld

Deutschland stellt die Ermittlungen gegen die Schweizer Privatbank Julius Bär wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ein. Die zahlt dafür 50 Millionen Euro.

Unterm Strich hat der deutsche Steuerzahler am Donnerstag knapp 49 Millionen Euro verdient: 1,4 Millionen Euro bezahlte die Staatsanwaltschaft Münster im vergangenen Jahr für eine CD mit den Daten mutmaßlicher Steuersünder. Die Fahnder begannen zu ermitteln – auch gegen Mitarbeiter der Schweizer Privatbank Julius Bär, wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 150 Fällen. Jetzt zahlt die Bank 50 Millionen Euro. Dafür stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein.

„Wir haben uns mit den Behörden geeinigt, um langwierige und, wie wir glauben, mühsame Ermittlungen zu vermeiden“, sagte Julius-Bär-Chef Boris Collardi am Donnerstag. Die Münsteraner Staatsanwaltschaft bestätigte die Vereinbarung: „Wenn die Summe überwiesen ist, wird das Verfahren endgültig eingestellt“.

In Zürcher Finanzkreisen glaubt man nun, das Beispiel Julius Bär könnte Schule machen: Auch andere Schweizer Banken, die ins Visier deutscher Ermittler geraten, könnten sich mit Millionenbeträgen freikaufen. Deutsche Ermittler sichten zur Zeit Unterlagen der Zürcher Großbank Crédit Suisse – Berater der Bank stehen im Verdacht, ihren Kunden bei der Umgehung des deutschen Fiskus den Weg gewiesen zu haben.

Die SPD hat das Vorgehen der Münsteraner Staatsanwaltschaft kritisiert. „In diesen Fällen darf es keine Deals geben – das verletzt das Gerechtigkeitsempfinden der Menschen, vor allem der ehrlichen Steuerzahler zutiefst“, sagte Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, dem Tagesspiegel. „Die Steuerzahler haben mit vielen Milliarden Euro die Funktionsfähigkeit des Bankensystems insgesamt gestützt. Nicht nur deshalb gibt es ein erhebliches staatliches Interesse, dass sich Banken redlich verhalten und an die Gesetze halten“, sagte Schneider. „Selbst wenn die Ermittlungen schwierig sind: Die Beihilfe für Reiche, ihr Geld außer Landes zu schaffen, muss vor ein Gericht.“

Die Staatsanwaltschaft begründete die Einigung mit dem Prinzip der „Prozessökonomie“. Es wäre sehr aufwändig gewesen, den Bankberatern die Beihilfe nachzuweisen. Dass die Ermittlungen gegen Julius Bär eingestellt werden, heißt nicht, dass die Steuerhinterzieher selbst aus dem Schneider sind. Auf der CD, die die Staatsanwaltschaft kaufte, hätten sich die Daten von 200 Kunden der Schweizer Bank befunden, sagte der Sprecher. In 150 Fällen seien Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Fünf davon seien inzwischen ebenfalls gegen Zahlung einer Buße eingestellt worden. Gegen die anderen werde weiter ermittelt. Nachdem bekannt wurde, dass die Behörde im Besitz der CD war, hätten sich zudem etliche Menschen selbst bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. „Im Zusammenhang mit diesem Verfahren sind insgesamt 27 Millionen Euro an Steuern nachgezahlt oder zurückgefordert worden“, sagte der Sprecher.

Bei Julius Bär gab man sich am Donnerstag erleichtert: „Nach dieser Bereinigung kann sich Julius Bär wieder unbelastet auf den weiteren Auf- und Ausbau des Geschäfts mit deutschen Kunden konzentrieren“, betonte das Geldhaus. Für die Zürcher, die Ende 2010 insgesamt ein Kundenvermögen von 267 Milliarden Schweizer Franken verwalteten, gehört Deutschland zu den Schlüsselmärkten. Von den rund 40 Standorten im Ausland befinden sich sieben in der Bundesrepublik: Frankfurt, München, Stuttgart, Düsseldorf, Würzburg, Hamburg und Kiel.

Der Deal mit der Staatsanwaltschaft Münster gilt nur für die bereits eingeleiteten Untersuchungen. Immunität hat die Bank damit nicht erworben. Die Schweizer Bank Vontobel, ein Konkurrent von Julius Bär, betonte am Donnerstag prompt: „Wir glauben, dass das verwaltete europäische Vermögen bei Julius Bär unvermindert einem Risiko unterliegt.“

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