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Wirtschaft: Steuersätze für Firmen sollen sinken

Regierung und Opposition arbeiten an Eckpunkten / Gesetz wird aber erst nach der Wahl erwartet

Berlin – Wirtschaftsverbände und der Sachverständigenrat drängen Regierung und Opposition, möglichst bald eine Reform der Unternehmensbesteuerung anzugehen. „Noch vor der Bundestagswahl 2006 sollten zumindest verabschiedungsnahe Entwürfe vorliegen“, sagte der neue Vorsitzende des Sachverständigenrats, Bert Rürup, dem Tagesspiegel. Auch in den Fraktionen kommt Bewegung in die Debatte. Bei Rot-Grün und CDU/CSU gibt es Überlegungen, im Laufe des Jahres detaillierte Eckpunkte zu formulieren. „Es darf nicht bis 2006 Stillstand herrschen“, forderte der Steuerexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Jörg Schwenker. Es sei erfreulich, dass Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) eine Unternehmenssteuerreform mit einer Senkung der Steuersätze angekündigt habe.

Nach Ansicht des Wirtschaftsweisen Rürup ist in Deutschland die Unternehmensbesteuerung im internationalen Vergleich relativ hoch. Ein Großteil aller deutschen Firmen zahlen derzeit als Personengesellschaft Einkommensteuer, seit diesem Jahr maximal den Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Kapitalgesellschaften führen die Körperschaftsteuer in Höhe von 25 Prozent ab, die Gesamtbelastung liegt inklusive Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag bei 39 Prozent. In der EU zeichnet sich in den vergangenen Jahren ein Trend zur Senkung der Körperschaftsteuersätze ab. Österreich etwa reduziert in diesem Jahr die Tarife von 34 auf 25 Prozent.

Mit einer steuerlichen Belastung der Gewinne von 30 Prozent wäre Deutschland „international wettbewerbsfähig“, sagt Rürup – unter der Voraussetzung, dass die Gewerbesteuer fällt. Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Michael Meister peilt im Rahmen einer Reform eine Gesamtbelastung von deutlich unter 35 Prozent an.

Rürup brachte erneut den Vorschlag des Sachverständigenrats einer dualen Einkommensteuer nach dem Vorbild skandinavischer Länder ins Gespräch. „Das ist ein pragmatisches Konzept“, sagte er. Die sieben Einkunftsarten sollen zu den beiden Kategorien Arbeits- und Kapitaleinkommen zusammengefasst werden. Arbeitseinkommen sollen weiter progressiv besteuert werden, Kapitaleinkommen – also auch unternehmerische Gewinne – ohne einen Freibetrag mit 30 Prozent. Kapital- und Personengesellschaften würden einheitlich behandelt. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer ließ Sympathie für dieses Modell erkennen. Eine SPD-Arbeitsgruppe unter Leitung von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), die in der nächsten Woche erneut beraten will, prüft dieses Konzept ebenfalls.

SPD-Fraktionsvize Joachim Poß hält ebenso wie Eichel eine Unternehmensteuerreform grundsätzlich für sinnvoll. „Eine Reform darf aber nicht zu einer Belastung der öffentlichen Haushalte führen“, sagte Poß dem Tagesspiegel. Die Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerung müsse verbreitert werden, dann ließen sich auch die nominalen Sätze ein wenig senken. Auch Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel forderte, eine Unternehmenssteuerreform müsse aufkommensneutral sein, weitere Steuerausfälle könnten Bund, Länder und Kommunen nicht verkraften. Für die Wirtschaft wäre dies zumindest ein erster Schritt. „Die Steuertarife haben für Investoren eine hohe Signalwirkung“, sagt DIHK-Steuerexperte Schwenker.

Mit einem Gesetzgebungsverfahren noch vor der Bundestagswahl im Herbst 2006 rechnet in Koalitionskreisen allerdings niemand. Die Vorschläge könnten aber so weit ausgearbeitet sein, dass nach der Wahl schnell gehandelt werden könne, hieß es. Kurzfristige Einigungschancen mit der Union sieht Eichel nicht. Es sei nicht erkennbar, dass die Union ein kompetenter Gesprächspartner sei, sagte sein Sprecher am Montag. Für die Durchsetzung einer Steuerreform bräuchte Rot-Grün die Zustimmung des unionsdominierten Bundesrats. CDUChefin Angela Merkel hat zwar Gesprächsbereitschaft erkennen lassen. Dass es aber tatsächlich zu Verhandlungen kommen werde, wird in Unionskreisen bezweifelt.

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