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Wirtschaft: Steuerzahlerbund fordert unabhängigen Kandidaten

Regierung will neuen Bundesbankpräsidenten schnell bestimmen

Berlin (hop). Die Bundesregierung hat am Samstag eine schnelle Neubesetzung der Bundesbankspitze in Aussicht gestellt. Karl Heinz Däke, Präsident des Steuerzahlerbundes, warnte jedoch vor zu großer Eile – und lehnte die derzeit diskutierten Kandidaten der Regierung ab. Der neue Präsident müsse ein Unabhängiger sein. „Jetzt darf man bloß nicht in Aktionismus verfallen, um zu beweisen, dass man handlungsfähig ist“, sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag. Das Wichtigste sei, dass „die Bundesbank jetzt gestärkt aus der Diskussion hervorgeht“, sagte Däke. Sie müsse sich „wieder auf ihre Rolle als unabhängige Institution besinnen“.

Am Freitag war der bisherige Bundesbankpräsident Ernst Welteke von seinem Amt zurückgetreten, nachdem neben der bisherigen AdlonAffäre zusätzliche Vorwürfe der Vorteilsannahme erhoben worden waren. Vorausgegangen war ein immer stärkerer Druck auf Welteke – vor allem von Seiten der Regierung – zurückzutreten. Eine rechtliche Handhabe hatte die Regierung allerdings nicht. Die Bundesbank ist per Gesetz unabhängig.

Um die Unabhängigkeit tatsächlich zu gewährleisten, sei auch ein unabhängiger Präsident an der Spitze der Bundesbank nötig, sagte Däke vom Steuerzahlerbund. „Es muss jetzt ein Kandidat gefunden werden, der nicht irgendwie abhängig ist von der jetzigen oder einer möglichen zukünftigen Regierung“, forderte Däke. Deshalb wären auch die zurzeit diskutierten Kandidaten der Regierung – die beiden Staatssekretäre Caio Koch-Weser und Alfred Tacke – nicht geeignet, auch wenn zum Beispiel Tacke „sicher ein fähiger Kopf ist“.

Ein Welteke-Nachfolger übernimmt ein schweres Amt, denn die Bundesbank geht durch eine tiefgreifende Reform. „Und die bisher ergriffenen Reformen reichen noch nicht aus“, sagte Däke.

Durch die Einführung des Euro und die Gründung der Europäischen Zentralbank (EZB) hat sie wesentliche Aufgaben – wie die Zins- und Währungspolitik – an die EU-Institution abgegeben. Hier ist sie nur noch ein Mitglied unter vielen im EZB-Rat, der jetzt die Politik macht. Ihre zukünftige Rolle hat die Bundesbank noch nicht gefunden. Sicher ist allerdings, dass in den kommenden Jahren die Zahl der Beschäftigten stark sinken wird.

Heute arbeiten bei der Bundesbank etwa 14000 Menschen. Im Jahr 2007 sollen es 11000 sein. Das wären aber immer noch fünf Mal so viele wie die Beschäftigten der Bank of England. Die Bundesbankmitarbeiter sind damit beschäftigt, Banken und Unternehmen Bargeld zur Verfügung zu stellen, falsche und verschlissene Scheine auszusortieren und den Zahlungsverkehr zu überwachen. Außerdem ist die Bank an der Bankenaufsicht beteiligt, die aber vor allem von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) durchgeführt wird. Sie vertritt Deutschland in internationalen Gremien.

Die Bundesbank verwaltet schließlich den Devisen- und Goldbesitz der Bundesrepublik. Und hierum gibt es den größten Streit. Denn auch wenn die Bundesbank formal keine Politik mehr macht, nimmt sie doch Einfluss darauf – oder wird selber deren Gegenstand. So hat sich nicht nur Welteke gegen Begehrlichkeiten wehren müssen, den Goldschatz zu Gunsten des Finanzministers zu verkaufen. Und die Bundesbank äußert sich auch häufig – mit ihrer eigenen Forschungsabteilung im Rücken – zu wirtschaftspolitischen Fragen, und das auch nicht immer im Sinne der Bundesregierung.

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