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Wirtschaft: Stimmung in Berlin so gut wie lange nicht

IHK erwartet 2005 ein Wachstum von bis zu 0,5 Prozent – aber die Industriebeschäftigung sinkt weiter

Berlin - Die Wirtschaft in Berlin könnte sich noch in diesem Jahr leicht erholen. Obwohl das Bruttoinlandsprodukt im ersten Halbjahr um 0,6 Prozent geschrumpft war, rechnet die Industrie- und Handelskammer für das Gesamtjahr mit einem Wachstum von bis zu 0,5 Prozent. „Ich glaube, wir landen im Plus“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder am Donnerstag. Zwar sei das Wachstum damit noch nicht stabil. Die Stimmung in den Unternehmen sei aber so gut wie seit fünf Jahren nicht mehr.

Für 2006 erwartet die IHK ein Wirtschaftswachstum in Berlin von mindestens einem Prozent. „Der leichte Konjunkturaufschwung wird weiter gehen“, sagte Eder. „Eine Eins vor dem Komma werden wir schaffen.“ Allein die Fußballweltmeisterschaft werde Berlin einen Wachstumsschub um 0,5 Prozent bescheren.

Ihren Optimismus stützt die IHK vor allem auf den gemeinsam mit der Handwerkskammer (HWK) erstellten Geschäftsklimaindex, der ein Fünf-Jahres-Hoch erreicht hat. So stieg der Indexwert gegenüber dem Vorjahr um vier Punkte auf nunmehr 110 Zähler. Damit kommt die Stimmung der Berliner Geschäftsleute zwar nach wie vor nicht über ein „zufrieden stellend“ hinaus. „Verglichen mit dem Niveau, von dem wir kommen, ist es aber eine positive Nachricht“, sagte Eder. Vor zweieinhalb Jahren hatte der Index noch bei rund 80 Punkten gelegen.

Auch ihre aktuelle Geschäftslage betrachten die Unternehmen mittlerweile freundlicher. So beträgt der Saldo aus guter und schlechter Geschäftslage jetzt plus acht Punkte; vor einem Jahr waren es noch minus zwei Punkte.

Zur guten Stimmung tragen vor allem das Gastgewerbe und der Dienstleistungsbereich bei. Auch das Handwerk hat sich nach einem Tief im Frühjahr wieder etwas erholt, allerdings blicken die Betriebe weiter mit großer Skepsis in die Zukunft. „Der Erholungsprozess geht nur langsam voran“, sagte HWK-Hauptgeschäftsführer Thomas Dohmen. „Von einer höheren Auslastung oder höheren Umsätzen kann noch keine Rede sein.“ In der Baubranche sei ebenfalls keine Besserung in Sicht.

Auch Eder von der IHK räumte ein, dass „wir noch lange nicht da sind, wo wir sein wollen“. So sei die Investitionstätigkeit der Unternehmen lediglich „vorsichtig zurückhaltend“. Derzeit wollen nur 21 Prozent der befragten Firmen mehr investieren als bisher – vor einem Jahr galt dies noch für 25 Prozent. Am häufigsten fließen die Mittel in reine Ersatzinvestitionen. Erst danach kommen echte Erweiterungsinvestitionen. Immerhin: Nur noch 23 Prozent der Unternehmen wollen ihre Investitionsausgaben kürzen. Vor einem Jahr waren es noch 30 Prozent.

Düster sieht es nach wie vor auf dem Arbeitsmarkt aus. „Einen Trend zu mehr Neueinstellungen sehen wir leider nicht“, erklärte Eder. Wie im Vorjahr bauen noch immer mehr Unternehmen Stellen ab (24 Prozent) als sie neue Jobs schaffen (19 Prozent). Allein im Handwerk ist Dohmen zufolge die Zahl der Erwerbstätigen seit Jahresbeginn um 4900 auf nun 185000 gesunken.

Auch in der Industrie ist ein Ende der Krise noch nicht in Sicht. „Eigentlich hatten wir geglaubt, die Talsohle sei schon erreicht“, sagte Eder. Aber nun müsse man mit einem weiteren – wenn auch geringeren – Rückgang der Beschäftigung rechnen. Derzeit arbeiten in der Berliner Industrie rund 100000 Menschen. „Vielleicht werden es noch einmal 5000 weniger“, sagte Eder. „In ein oder zwei Jahren wird es aber wieder in die andere Richtung gehen.“

Unterschiedliche Meinungen äußerten Eder und Dohmen zu der von der Union angestrebten Mehrwertsteuererhöhung. Während Dohmen diese generell ablehnte, erklärte Eder, dass die Mehrwertsteuer durchaus erhöht werden könne – „meinetwegen auch um mehr als zwei Prozentpunkte“. Allerdings dürfe dies nur im Rahmen einer allgemeinen Steuerreform passieren.

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