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Wirtschaft: Stoiber verweigert den Treueschwur

Berlin (ce/asi). Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) hat kurz vor der Abstimmung im Bundesrat seine Bedenken gegen das Tariftreuegesetz noch einmal bekräftigt.

Berlin (ce/asi). Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) hat kurz vor der Abstimmung im Bundesrat seine Bedenken gegen das Tariftreuegesetz noch einmal bekräftigt. Niemand, auch nicht die Gewerkschaften, könnten ein Gesetz wollen, das die Realität in den ostdeutschen Bundesländern übergehe und Arbeitsplätze vernichte, sagte der CSU-Vorsitzende auf dem Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) am Donnerstag in Berlin.

Das Tariftreuegesetz wird an diesem Freitag im Bundesrat beraten. Es sieht vor, dass öffentliche Aufträge nur noch an solche Unternehmen vergeben werden dürfen, die sich an die Tarifverträge des Auftragsortes halten. Das heißt auch , dass ostdeutsche Unternehmen, die sich um Aufträge in Westdeutschland bewerben wollen, ihren Arbeitnehmern für diese Aufträge Westlöhne bezahlen müssen. Aus diesem Grund stößt das Gesetz inzwischen auf wachsende Bedenken in allen ostdeutschen Ländern. Der CDU/CSU-Kandidat für das Amt des Wirtschaftsministers, Lothar Späth, hatte sich wiederholt gegen dieses Gesetz ausgesprochen.

Erst zum Schluss sprach Unionskandidat Edmund Stoiber das heikle Thema an, auf das die Gewerkschafter auf dem DGB-Kongress gewartet hatten. „Ich möchte ein Tariftreuegesetz, das die neuen Bundesländer mittragen“, rief Stoiber unter Buh-Rufen der Anwesenden. Der bayerische Ministerpräsident will am Freitag im Bundesrat den Antrag des Landes Sachsen-Anhalt unterstützen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Stoiber sagte, er wolle zwar Lohndumping aus Osteuropa verhindern, aber mit einem Tariftreuegesetz dürften die Chancen der neuen Bundesländer nicht geschmälert werden. „Es darf keinen künstlichen Ost-West-Gegensatz geben“, sagte er. Auch auch der Hinweis Stoibers, Bayern habe als zweites Bundesland in Deutschland ein eigenes Tariftreuegesetz geschaffen, stieß auf Protest bei den Kongressteilnehmern.

Der neue DGB-Chef Michael Sommer stellte klar: „Ein Tariftreuegesetz muss her, und zwar in der vorliegenden Form.“ Für den DGB sei die Tariftreue eine wichtige Nagelprobe. Die Gewerkschaften würden sehr aufmerksam darüber wachen, ob im Vermittlungsausschuss das Gesetz verzögert werde.

Schröder ist im Wort

Das Tariftreuegesetz hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) den Gewerkschaften im vergangenen Herbst zugesagt. Es regelt, dass im Bau- und Nahverkehrsbereich Kommunen, Länder und öffentliche Einrichtungen Aufträge nur an solche Unternehmen vergeben dürfen, die den am Ort der Auftragsabwicklung geltenden Tarifvertrag einhalten. Die Kommunen hatten sich daraufhin gegen das Gesetz ausgesprochen, weil sie mehr Bürokratie und die Verteuerung öffentlicher Aufträge befürchteten. Auch innerhalb der Koalitionsfraktionen in Berlin hatte es heftige Gegenwehr gegeben. Im Zentrum der Kritik stand dabei die Benachteiligung ostdeutscher Auftragnehmer.

Diese bezahlen ihren Mitarbeitern geringere Tariflöhne als im Westen. Bei einer Bewerbung um Aufträge in den alten Bundesländern, so argumentierten die Kritiker, würden die Unternehmen ihren Wettbewerbsvorteil verlieren. Der Gesetzentwurf wurde daraufhin überarbeitet. Sowohl für den Mindest-Auftragswert als auch die Lohnhöhe wurden Stufenlösungen vorgesehen, die den ostdeutschen Unternehmen einen Zeitraum zur Anpassung geben.

Der Münchner Staatsminister Reinhold Bocklet begründete die Position Bayerns mit der „noch immer ungenügenden Berücksichtigung Ostdeutschlands". Mit einem Tariftreuegesetz auf Bundesebene könne man sich grundsätzlich einverstanden erklären, denn mit dem Landesgesetz habe man „gute Erfahrungen“ gemacht. Allerdings gibt es Bedenken, ob das Gesetz überhaupt mit EU-Recht vereinbar ist. Arbeitsrechtler befürchten, dass es Kollisionen mit dem Recht der EU-Unternehmen gibt, ihre Dienstleistungen europaweit anbieten zu können.

Die Große Koalition in Brandenburg unter Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) will im Bundesrat einem Vermittlungsverfahren zustimmen. Nur wenn es dafür keine Mehrheit gebe, werde sich Brandenburg enthalten, kündigte der stellvertretende Regierungssprecher Manfred Füger an. Diese Position sei nicht nur ein Kompromiss zwischen CDU und SPD. Auch innerhalb der brandenburgischen SPD gebe es Bedenken gegen das geplante Tariftreuegesetz. Das Bundesland Bremen hatte angekündigt, einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses einzubringen. Der vom Bundestag verabschiedete Entwurf müsse überarbeitet werden. Sachsen hat sich noch nicht entschieden.

SPD-Fraktionschef Peter Struck forderte Edmund Stoiber am Donnerstag noch einmal auf, dem Tariftreuegesetz zuzustimmen. „Das Gesetz regelt für die Bundesrepublik genau das, was in Bayern schon durch ein Vergaberecht geregelt ist“, sagte Struck.

Der SPD-Fraktionschef wies darauf hin, dass in dem Gesetz auch die bundesweite Aufstellung eines Anti-Korruptionsregisters festgeschrieben werden soll. Die Union müsse deshalb zeigen, wie ernst sie es mit dem Kampf gegen Bestechung meine.

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