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Wirtschaft: Stolpe macht Druck auf Daimler und Telekom Verkehrsminister will Gespräche über Schadenersatz für Lkw-Maut – Ex-Minister Bodewig schweigt

Berlin (asi/fo). Auf die Gesellschafter des Mautkonsortiums DaimlerChrysler und Deutsche Telekom könnten Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe zukommen.

Berlin (asi/fo). Auf die Gesellschafter des Mautkonsortiums DaimlerChrysler und Deutsche Telekom könnten Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe zukommen. Bei Totalausfall des Systems wären es sogar bis zu 2,8 Milliarden Euro. Das sind die erwarteten Jahreseinnahmen aus der Maut. Verkehrsminister Manfred Stolpe sprach bereits im ZDF von einem „Systemausfall“. Durch den verzögerten Start des Mautsystems stehen auch einige Straßenbauprojekte im kommenden Jahr auf der Kippe. Stolpe fehlen wegen der Verschiebung auf den 2. November schon jetzt 380 Millionen Euro in seinem Etat.

Die Grünen-Haushälterin Franziska Eichstädt-Bohlig plädiert dafür, „den Löwenanteil“ der Einnahmeverluste im kommenden Haushaltsjahr beim Straßenbau zu kompensieren. Bei der Sanierung des Schienennetzes sehe sie „kaum Möglichkeiten“, sagte sie dem Tagesspiegel. Grundsätzlich bekannte sich Eichstädt-Bohlig zu dem Vorschlag von Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD), die Einnahmeverluste aus dem verspäteten Mautbeginn innerhalb von drei Jahren im Verkehrshaushalt einzusparen. Zweifel erhob die Grünen-Politikerin für den Fall, dass es zu einer weiteren Verschiebung des Starttermins kommt. Wenn die Maut erst Anfang 2004 erhoben werden kann, fehlen dem Bund rund 650 Millionen Euro. Die Infrastrukturinvestitionen des Bundes in den nächsten Jahren um eine solche Summe zu kürzen, sei „sehr schwer“, sagte Eichstädt.

Sie forderte Stolpe auf, den Mitgliedern des Haushaltsausschusses im Bundestag „spätestens Anfang kommender Woche“ Einblick in die Verträge mit Toll Collect zu gewähren, so dass sich die Abgeordneten bis zur Ausschusssitzung am Mittwoch einen Überblick über die Risiken für den Haushalt 2004 verschaffen können. Dem Toll-Collect-Management warf die Politikerin vor, „nicht ordentlich kalkuliert“ zu haben.

Das Konsortium räumt inzwischen ein, von Stolpes Vorgänger Kurt Bodewig überredet worden zu sein, den Systemstart vier Monate früher als verantwortbar zuzusagen. Dafür sei das Konsortium auch vier Monate von Haftungsansprüchen freigestellt worden. Bodewig ließ am Donnerstag auf Anfrage des Tagesspiegel durch sein Büro nur ausrichten, er habe „mit den Vertragspartnern damals Verschwiegenheit vereinbart. Diese Verschwiegenheit dauert bis heute an“.

Laut Vertrag muss Toll Collect ab 1. Dezember monatlich 7,5 Millionen Euro und nach einem halben Jahr 15 Millionen Euro Vertragsstrafe zahlen wenn das System nicht läuft. „Bescheidene Beträge“ angesichts monatlicher Einnahmeausfälle von 160 Millionen Euro, kritisiert der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Albert Schmidt. Dem Tagesspiegel sagte er weiter, davon unabhängig sei Schadenersatz wie im Bürgerlichen Gesetzbuch vorgesehen. Demnach kann der Auftraggeber (Bund) bei einem Totalausfall den entstandenen Schaden einklagen. Bei der Maut, so Schmidt, wären das die entgangenen Einnahmen. Keine klaren Regelungen enthält der Vertrag offenbar für den wahrscheinlicheren Fall, dass das System nur teilweise funktionsfähig ist. Stolpe betont, einvernehmliche Regelungen mit Toll Collect in der Schadenersatzfrage treffen zu wollen. Toll Collect sagt allerdings, darüber gebe es derzeit keine Gespräche.

Mautkonsortium und Verkehrsminister streiten sich auch um ein „Eckpunktepapier“ vom 30. Juli dieses Jahres, das den Vertrag vom September letzten Jahres ergänzen sollte. Stolpe hält das Papier für ungültig, weil die Grundlage dafür der Systemstart zum 31. August gewesen sei. Nach Meinung von Toll Collect läuft das System seit diesem Datum im Probebetrieb und mit dem Verkehrsminister sei einvernehmlich vereinbart, dass „am 2. November 2003 mit der Gebührenerhebung begonnen wird“, sagte ein Sprecher. Laut Grünenpolitiker Schmidt ist in dem Papier der Haftungsausschluss um einen Monat verlängert worden, die Regierung habe im Gegenzug 300 000 zusätzliche Bordcomputer für die Lastwagen bestellt.

An diesem Freitag sollte der Probebetrieb für das komplette System starten. Aus Sicht des Verkehrsministeriums ist der Start aber offen. Am Donnerstag hätten „alle Unternehmen ihre Stellungnahme zu den Fragen des Ministeriums“ abgegeben, sagte Stolpes Sprecher Michael Zirpel. Diese würden jetzt bewertet. Die Verhandlungen mit Toll Collect darüber liefen. Ob der Probebetrieb am Freitag oder erst in der kommenden Woche startet, werde der Minister „so rasch wie möglich festlegen“.

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