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Wirtschaft: Stolpe setzt Maut-Betreibern Ultimatum

Toll Collect will Start am 2. November nicht garantieren / SPD-Abgeordnete fordern hartes Durchgreifen

Berlin (ce/fw). Der Start der LkwMaut ist weiter unsicher. Der Betreiber Toll Collect wollte am Freitag nicht garantieren, dass das System am 2. November betriebsfähig ist. „Das wäre unseriös“, sagte Telekom-Vorstandsmitglied Josef Brauner. Jedoch stünden alle Voraussetzungen für den geplanten Start „auf Grün“, sagte Brauner. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) nahm dies als „eindeutige Zusage für die Inbetriebnahme zum 2. November“. Hinter Toll Collect stehen Daimler-Chrysler, Telekom und die französische Firma Cofiroute.

Damit spitzt sich der Streit zwischen Stolpe und dem Industriekonsortium um die technische Einsatzfähigkeit des Mautsystems zu. Der Minister will rechtliche Schritte gegen Toll Collect prüfen, falls der schon einmal verschobene Starttermin wieder nicht eingehalten werden kann. Wenn das gesamte System Anfang November nicht in Gang käme, müsse man über rechtliche Schritte nachdenken, sagte er. Stolpe will zumindest das Geld, das er in den kommenden zwei Monaten auf jeden Fall investieren muss, nämlich rund 65 Millionen Euro, von Toll Collect erstattet bekommen.

Das Verkehrsministerium erteilte Toll Collect die Genehmigung zum Probestart am 31. August. Das Sondergutachten, welches Stolpe erhalten hat, zeige, dass das System dazu fähig sei. Die Lkw-Maut sollte eigentlich an diesem Sonntag komplett starten. Wegen technischer Probleme wurde der Termin jedoch auf den 2. November verschoben, zum 31. August gibt es jetzt nur eine erste Testphase. Dem Bund entgehen deshalb 360 Millionen Euro an Einnahmen. Zwischen Toll Collect und dem Ministerium war ein offener Streit entbrannt: das Konsortium hatte das nötige Gutachten zum Start des Probebetriebs zu spät abgeliefert.

In der SPD-Fraktion werden Forderungen an Stolpe laut, härter mit dem Konsortium umzugehen. „Stolpe hat sich lange mit viel Langmut schützend vor die Industrie gestellt", sagte der SPD-Politiker Uwe Karl Beckmeyer. „Manfred Stolpe hat viel zu lange auf die Aussagen von Toll Collect vertraut“, sagte Karin Rehbock Zureich, stellvertretende Sprecherin der Arbeitsgruppe Bau und Verkehr, dem Tagesspiegel. Für die Einnahmeausfälle müsse Toll Collect geradestehen. „Die Verträge müssen noch mal ganz genau auf Schadenersatzansprüche geprüft werden“, sagte Rehbock Zureich. Wenn das System am 2. November nicht funktioniere, sei das „der Gau“. Dann müsse man „ganz neu denken“ und „rechtliche Schritte prüfen“. Auch Margrit Wetzel, Mitglied der Verkehrsarbeitsgruppe, fordert Schadenersatz. „Der Verkehrsauschuss muss jetzt prüfen, was rechtlich möglich ist“. In der SPD-Fraktion gibt es Befürchtungen, dass jetzt Verkehrsprojekte zum Teil nicht realisiert werden können. „Es wird Abstriche geben müssen“, sagte der Sprecher der Arbeitsgruppe Bau und Verkehr, Reinhard Weis. Er rechne nicht damit, dass Finanzminister Eichel zusätzliche Gelder zur Verfügung stellt. Betroffen sei das Antistauprogramm 2003, das über die Mauteinnahmen finanziert werden soll. Damit das System im November starten darf, muss es erst noch seine richtige Testphase überstehen: die läuft von Mitte September bis Mitte Oktober, kündigte Toll Collect an. Mindestens 100 000 Lkw sollen das System testen, sagte Klaus Mangold, Vorstandsmitglied von Daimler-Chrysler. Mitte Oktober werde dann das Gutachten erstellt, das Grundlage der Betriebserlaubnis sein wird.

Am Sonntag um null Uhr wird noch nicht viel passieren. Die Lkw-Fahrer erhalten lediglich die Möglichkeit, sich über die Bordcomputer, die so genannten „On Board Units“ (OBU), das Internet oder die manuellen Stationen einzubuchen. Außerdem werden an 100 Stellen bundesweit Helfer zur Beratung bereitstehen. Allerdings ist unklar, wie viele Lkw dann auch wirklich freiwillig das System testen werden. Von 220 000 produzierten OBU’s seien jetzt 70 000 in die Lkw eingebaut worden, sagte Mangold.

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