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Wirtschaft: Stolpe tadelt Mehdorns Benehmen

Regierung gibt dem Bahnchef aber weiter Rückendeckung/Preiserhöhung für Tickets bleibt

Berlin - Die Regierung hat Mehdorn auch am Freitag weiter gegen Rücktrittsforderungen verteidigt, aber gleichzeitig für sein Verhalten kritisiert. Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) sagte in einem Radiointerview, eine Ablösung Mehdorns „würde ich für einen Fehler halten“. Allerdings tadelte er dessen Benehmen. „Er hat ohne Frage einige Leute vor den Kopf gestoßen, und ich würde ihn niemals für den diplomatischen Dienst vorschlagen.“ Hier müsse sich Mehdorn korrigieren. Daneben sagte Stolpe, trotz aller Diskussionen erwarte er nicht, dass die geplante Fahrpreiserhöhung durch die Bahn zurückgenommen werde.

In mehreren Briefen, die in den vergangenen Tagen bekannt wurden, hatte Mehdorn die Verkehrspolitiker der Grünen, der FDP und der Union scharf angegriffen und ihnen polemische Kritik vorgeworfen. Daraufhin forderten diese teilweise seinen Rücktritt. Alle verkehrspolitischen Sprecher – auch Reinhard Weis von der SPD, der vom Bahnchef nicht genannt worden war – verlangten jedoch in jedem Fall eine Entschuldigung. Am kommenden Mittwoch sollen Mehdorn und Verkehrsminister Stolpe im Verkehrsausschuss des Bundestags erscheinen.

Ob sich Mehdorn dabei allerdings für seine Äußerungen entschuldigen wird, blieb unklar. „Eine Entschuldigung steht nicht zur Diskussion", sagte ein Bahnsprecher dem Tagesspiegel am Freitag. Das sei alleine „Sache der Beteiligten“. Es müsse jetzt vor allem darum gehen, dass die Gespräche über die Zukunft der Bahn „in sachlicher und konstruktiver Form“ fortgesetzt werden. „Die Bahn wird ihren Teil dazu beitragen“, sagte der Bahnsprecher. Durch die Verschiebung des Börsengangs habe sich, dank des geringeren Zeitdrucks, bereits das Klima verbessert.

Neben Stolpe gab auch SPD-Parteichef Franz Müntefering Rückendeckung für Mehdorn. Er sei der richtige Mann an der Bahnspitze, sagte Müntefering, und habe „Vertrauen verdient“.

Trotzdem ging die Diskussion über den Zeitplan für den Bahnbörsengang weiter. Nachdem am Mittwoch das Wunschziel Mehdorns – das Jahr 2006 – gekippt worden war, hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gesagt, ein Börsengang solle bis 2008 erfolgen. Dagegen wandte sich der Chef der Eisenbahnergewerkschaft Norbert Hansen. Neue Zeitvorgaben seien überflüssig. „Der Dampf muss aus dem Kessel, er darf jetzt nicht wieder erhitzt werden“, sagte Hansen. Er hielt an seiner Forderung nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung fest, auf der die Fakten „rund um die Bahn“ auf den Tisch müssten. Anfang der Woche hatte Hansen in einem Brief an den Chef des Kontrollgremiums, Michael Frenzel, das Treffen bereits gefordert, damit dort die Absage des Börsengangs für 2006 beschlossen werde.

Hansen sieht aber offenbar immer noch Klärungsbedarf. . Insbesondere stehen in den kommenden Wochen Tarifverhandlungen an. Hier hatte die Bahn bereits Zugeständnisse der Beschäftigten gefordert. Es müsse aber nun wieder Ruhe in den Konzern einziehen, sagte Hansen. „Die permanente Verunsicherung der Beschäftigten muss aufhören.“

Mehdorn war vorgeworfen worden, die Einschnitte vor allem mit Blick auf den geplanten Börsengang, für den er schwarze Zahlen braucht, vornehmen zu wollen. Der gleiche Vorwurf wurde auch bei der Ankündigung der jüngsten Fahrpreiserhöhung laut. Verkehrsminister Stolpe sagte aber, der Börsengang sei sicher auch ein Faktor bei dem Entschluss gewesen – aber auch die gestiegenen Energiekosten. Er rechne deshalb nicht damit, dass die Bahn um eine Erhöhung herumkomme.

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