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Straßenbau: Bahn frei für Betonkonzerne

Bauen private Unternehmen neue Straßen und Autobahnen, kann es für den Staat teuer werden.

Berlin - Autobahnen bauen kann so einfach sein. Man muss nur die richtigen Leute machen lassen. Auf der A 4 bei Eisenach in Thüringen haben sie einen Abschnitt neu gebaut – ein Jahr schneller als geplant. Den Ausbau der A 8 zwischen Augsburg und München von vier auf sechs Spuren werden sie wohl in vier statt wie üblich in acht Jahren hinbekommen, mit neuer Fahrbahndecke, Lärmschutzwänden, Parkplätzen und allem Pipapo. Ständig sind die Lastwagen unterwegs, auf den Baustellen ist immer etwas los. Tagelang herumstehende Bagger gebe es bei ihnen nicht, sagen die Planer.

Es gilt, etwas zu beweisen: Die Firmen wollen zeigen, dass sie besser bauen können als der Staat. Erstmals lässt der Bund vier Autobahnabschnitte im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) bauen, acht weitere sind in Planung. Die Unternehmen bauen die Strecken, betreiben sie 30 Jahre lang und kassieren dafür die Einnahmen aus der Lkw-Maut. Davon, so die Idee, haben alle etwas: Der klamme Fiskus lässt Private für den Bau zahlen. Die streichen pro Projekt bis zu 13 Prozent Rendite ein. Zugleich kann Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) die Bürger mit neuen Straßen beglücken. „Ich möchte hier eine verstärkte Nutzung“, hat er als Maxime ausgegeben.

Allein: Ob der Staat ein gutes Geschäft macht, bezweifeln viele. Womöglich macht er ein sehr schlechtes Geschäft. Prüfen können das nur wenige. Toni Hofreiter ist einer von ihnen. Der Grünen-Abgeordnete musste Jahre kämpfen, um die Verträge des Bundes mit den Baukonzernen einsehen zu dürfen – in der Geheimschutzstelle des Bundestages. Wegen des Wettbewerbs seien die Daten sensibel, heißt es, Hofreiter darf daher niemandem erzählen, was in den Verträgen steht und wie die Firmen kalkulieren. Nur so viel: „Mein Verdacht, dass der Staat dabei schlecht wegkommt, hat sich erhärtet“, sagt er. Und regt sich über die Geheimniskrämerei auf. „Das ist schlicht undemokratisch.“

Gelesen hat die Verträge Dieter Engels. Er ist Präsident des Bundesrechnungshofes und hat ein Gutachten über die Wirtschaftlichkeit der ÖPP-Projekte geschrieben. Es fällt vernichtend aus: Er habe „grundsätzlich Zweifel“, ob mit den Modellen „wirtschaftliche Vorteile erreicht werden können“. Vor allem wegen des doppelten Risikos für den Staat durch das auf 30 Jahre schwer vorherzusagende Verkehrsaufkommen: Entwickelt es sich so, wie der Staat annimmt, droht den Baufirmen die Pleite, die Mauteinnahmen blieben dann unter ihren Kosten. Entwickelt es sich gemäß ihren Annahmen, entgehen dem Staat Milliarden – denn jeder zusätzliche Lkw bringt zusätzliches Geld.

Probleme haben ÖPP-Freunde auch, weil selbst die Privaten beim Straßenbau mitunter Fehler machen. Auf einem Teilstück der A 1 zwischen Bremen und Hamburg, das derzeit privat erneuert wird, zerbröselte im Frühjahr die gerade erst aufgetragene Fahrbahndecke. Überdies gilt die 75 Kilometer lange Strecke mit sechs Baustellen als Unfallschwerpunkt: Die provisorischen Fahrstreifen waren zu eng bemessen, es krachte reihenweise. Jetzt bessern die Bauleute nach – doch das Image ist ramponiert. „Die A 1 ist das Negativbeispiel für ÖPP“, sagt einer aus der Branche. „Das wirft uns weit zurück.“

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