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Wirtschaft: Strategie gesucht

Bei der Bilanz des Modekonzerns Hugo Boss geht es weniger um Zahlen, denn um Übernahmeziele

Berlin - Gut möglich, dass der Modekonzern Hugo Boss bald auch exklusive Badezimmer verkauft. Dass der Luxusschneider von der Schwäbischen Alb seine Produktpalette erweitern will – zu der schon jetzt Schuhe, Düfte, Brillen und Schmuck gehören – hatte der neue Eigentümer Permira bereits angekündigt. Wie genau die künftige Strategie aussehen soll, hat der Finanzinvestor bislang aber nicht verraten. Das könnte sich am heutigen Donnerstag ändern, wenn der Traditionskonzern in Metzingen seine Bilanz vorlegt. „Ich hoffe, dass Permira jetzt die Karten auf den Tisch legt“, sagte Steffen Tolzien, Analyst der Dresdner Bank. Die Zahlen dagegen sind schon bekannt (siehe Kasten).

Seit Permira im Herbst die Mehrheit an Hugo Boss übernommen hat, hat es viel Streit gegeben im beschaulichen Schwabenland. Gegen den Willen der Mitarbeiter und von Teilen des Managements hatte Permira eine Sonderdividende von 450 Millionen Euro durchgedrückt, das ist etwas das Dreifache des Jahresgewinns. Um sie bezahlen zu können, muss sich das kerngesunde Unternehmen verschulden. Die Eigenkapitalquote liegt noch bei gut 50 Prozent. Nach Ausschüttung der Sonderdividende wird sie auf rund 20 Prozent sinken. Weitere Sonderdividenden seien in diesem Jahr nicht geplant, versicherte Finanzvorstand Joachim Reinhardt in dieser Woche. Stattdessen kündigte er große Investitionen an.

Im Streit um die Sonderdividende hatte Vorstandschef Bruno Sälzer Ende Februar hingeschmissen. Die offizielle Begründung: „unterschiedliche Auffassungen über die weitere Geschäftspolitik“ mit den neuen Eigentümern. Wenige Tage später gab Produktionsvorstand Werner Lackas seinen Abschied. Und auch Aufsichtsratschef Giuseppe Vita, früher Vorstandschef von Schering, hat sich aus dem Amt zurückgezogen.

Doch während für Lackas mit Hans Fluri, zuvor Chef des Deutschen Paket Dienstes, bereits ein Ersatz gefunden ist, wird nach dem Sälzer-Nachfolger noch gesucht. Wer der Neue ist, könnte auf der Hauptversammlung am 8. Mai bekannt gegeben werden. Das zumindest erwartet die Branche. Als unwahrscheinlich gilt, dass Produktionschef Fluri den Spitzenjob bekommt. „Am Markt kommt er nicht gut an“, heißt es bei Analysten.

So unklar die Personalie bleibt, so klar ist die Richtung, in die Finanzinvestor Permira mit Hugo Boss gehen will. Das Unternehmen soll noch stärker zulegen als bisher und eine noch höhere Rendite erzielen. Organisch ist das kaum zu schaffen. Schon in der Vergangenheit war der Luxusschneider drei Mal so schnell gewachsen wie der Markt. „Ich rechne kurz- oder mittelfristig mit einer Akquisition“, sagte Analyst Tolzien. Bis zu einer Milliarde Euro könnte Permira dafür lockermachen, erwartet er.

Die Preise für mögliche Kandidaten dürften wegen der Kreditkrise zwar gesunken sein, die Auswahl allerdings ist begrenzt. „Hugo Boss ist nicht der einzige, der nach einem ungeschliffenen Rohdiamanten sucht“, sagt Tolzien. Hinzu kommt, dass viele Modeketten schon jetzt in der Hand von Finanzinvestoren sind, darunter Jil Sander, Tommy Hilfiger und vielleicht bald auch Escada.

Nach „Handelsblatt“-Informationen erwägt die Beteiligungsgesellschaft Apax zusammen mit Escada-Großaktionär Rustam Aksenenko gerade ein Übernahmeangebot für den angeschlagenen Luxusmodehersteller aus München. Ausgerechnet der frühere Boss-Chef Sälzer, der gerade vor Finanzinvestor Permira geflüchtet ist, wird als neuer Vorstandschef bei Escada gehandelt. Bis zur Hauptversammlung am 17. April soll der Einstieg über der Bühne sein. Bestätigt ist noch nichts: Weder Apax noch Escada noch Finartis – das ist die Vermögensverwaltungsgesellschaft von Aksenenko – wollten zu den Informationen Stellung nehmen.

Maren Peters

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