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Deutsche Ansichten.

© dpa

Street View: Google hebt den Vorhang

„Street View“ in Oberstaufen und Berlin: US-Suchmaschinenkonzern geht mit Online-Straßenbildern aus Deutschland ans Netz.

Berlin - Volkstümlich ging es zu, als Google am Dienstag die ersten Internet-Bilder seines umstrittenen Fotodienstes „Street View“ in Deutschland freischaltete. Mit einem Festakt samt Alphornbläsern präsentierte sich die 7200 Einwohner zählende Gemeinde Oberstaufen im Allgäu. Sie ist der erste deutsche Ort, dessen Straßenzüge fast komplett über „Street View“ im Netz zu sehen sind. In bayerischen Lederhosen gab Wieland Holfelder, Entwicklungs-Chef von Google Deutschland, den Startschuss. Zusätzlich schaltete Google weitere markante Orte in deutschen Großstädten wie etwa das Kanzleramt und die Siegessäule in Berlin oder den Münchner Königsplatz frei. Außerdem gibt es in einem ersten Schritt Bilder von zehn deutschen Fußballstadien zu sehen.

„Nach Oberstaufen werden auch die öffentlichen Straßen der 20 größten deutschen Städte in Kürze online gehen“, kündigte der US-Konzern an. Ein Termin wurde nicht genannt. Auf den Bildern sind Gesichter von Passanten und Autokennzeichen unkenntlich gemacht. „Unser Dorf ist so schön, wir haben nichts zu verstecken“, sagte der Oberstaufener Bürgermeister Walter Grath zum Auftakt des Internet-Schaufensters. Die Gemeinde hatte Google eingeladen. Man erhofft sich Werbewirkung für den Tourismus. Ein virtueller Besuch in dem malerischen Städtchen zeigt jedoch, dass auch einige Oberstaufener ihre Anwesen verpixeln ließen. Aus Datenschutzgründen haben bundesweit rund 250 000 Verbraucher bei Google beantragt, ihre Häuser unkenntlich zu machen. Sie fürchten um ihre Privatsphäre, die der Suchmaschinenbetreiber für kommerzielle Zwecke nutzen könnte.

Tatsächlich setzt Google den kostenlosen Bilderdienst nicht ein, ohne ein Geschäftsmodell zu haben. Das Zauberwort der Werbewirtschaft lautet „Location Based Services“, übersetzt: standortbezogene Dienste. Sie bieten über mobile Geräte wie Handys oder Smartphones Informationen – darunter Werbung – aus der näheren Umgebung an, in der sich der Nutzer gerade aufhält. Wer beispielsweise ein Restaurant, einen Supermarkt oder eine Tankstelle in der Nähe sucht, könnte diese künftig in den dreidimensionalen Stadtplan von „Street View“ eingeblendet bekommen – mit entsprechenden Sonderangeboten, Telefonnummern oder anderen Werbeinhalten. Google verdient daran, weil die lokalen Werbetreibenden den Dienst bezahlen. Weitere kommerzielle Einsatzmöglichkeiten bieten sich in der Immobilienwirtschaft und im Tourismus.

Zusammen mit den ebenfalls kostenlosen Google Maps sowie Google Earth setzt der Suchmaschinenbetreiber inzwischen bei sogenannten Geoinformationsdiensten Standards, die auch von anderen Unternehmen eingesetzt (und bezahlt) werden, etwa von den Navigationsgeräteherstellern. Google verfolgt dabei ein Ziel: Das überaus erfolgreiche Geschäftsmodell, Werbeflächen im Internet zu vermarkten, von stationären Computern auf den Handy- und Smartphonemarkt zu übertragen. Experten schätzen, dass der weltweite Markt für die lokale Suche im Internet in diesem Jahr schon rund 13 Milliarden Dollar ausmacht, Tendenz steigend. Der Grund für den Erfolg solcher Dienste ist die wachsende Zahl internet- und navigationsfähiger mobiler Endgeräte. Nach Angaben des Branchenverbands Bitkom werden 2010 in Deutschland mehr als 8,2 Millionen internetfähige Mobiltelefone verkauft.

Googles „Street View“ gibt es laut Unternehmen bereits in mehr als 25 Ländern. In Deutschland hatte die Ankündigung des US-Konzerns, den Dienst auch hierzulande einzusetzen, für Aufruhr gesorgt. Im Sommer hatte sich sogar die Bundesregierung mit dem Projekt befasst. Tschechien verbot dem Unternehmen im September das Sammeln weiterer Daten. In Südkorea durchsuchte die Polizei ein Google-Büro wegen des Verdachts, illegal private Nutzerdaten aus Funknetzwerken aufgezeichnet zu haben. Auch in Kanada hatten die Amerikaner die Datenschützer aus dem gleichen Grund gegen sich aufgebracht. mit rtr

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