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Kein gutes Jahr für die deutsche Luftfahrt: Nicht nur Streiks bremsten die Anbieter aus.

© p-a/dpa

Exklusiv

Streiks, Steuer, Emissionen: Luftverkehrs-Chef Siegloch rechnet mit streikenden Piloten ab

"Die Streiks waren unverhältnismäßig": Luftverkehrs-Präsident Klaus-Peter Siegloch bilanziert ein enttäuschendes Jahr 2014.

Dauerstreiks bei der Lufthansa, Air Berlin im Sanierungsstress, Luftverkehrssteuer, Emissionshandel: Klaus-Peter Siegloch, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), sieht im Rückblick aufs Jahr deutlich mehr Schatten als Licht. Dem Tagesspiegel schickte er seine persönliche Abrechnung.

„Die Streiks waren in ihrer Menge und Länge wirklich unverhältnismäßig. Sie haben die Lufthansa nicht nur viel Geld gekostet - 200 Millionen Euro rechnet das Unternehmen. Sondern sie haben Kunden unzufrieden gemacht“, schrieb Siegloch der Redaktion. Die Piloten beschädigten das Vertrauen in die Luftfahrt. „In dem heftigen Wettbewerb im internationalen Luftverkehr kann man sich so ein Verhalten nicht mehr leisten, wenn man bestehen will.“

Schlichtung sollte Pflicht werden

Dass dieses Thema sich in Luft auflöst, weil Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ja nun ihren Gesetzentwurf zur Tarifeinheit durchs Kabinett gebracht hat, glaubt er offenbar nicht. „Der Gesetzesentwurf ist da gut, wo mehrere Gewerkschaften um dieselben Arbeitnehmergruppen streiten. Wie etwa bei der Bahn. Im Luftverkehr haben viele Einzelgruppen ihre eigene Gewerkschaft. Da streiken mal die Piloten, mal die Lotsen, mal die Bodenabfertiger oder andere. Das Gesetz ändert das nicht“, sagt Siegloch voraus. Er glaubt, der richtige Weg wäre, klare Regeln aufzustellen. „Zum Beispiel vor einem Streik verpflichtend eine Schlichtung einsetzen. Oder Regeln für Ankündigungsfristen und Notdienste einführen oder auch die Laufzeiten der verschiedenen Tarifverträge miteinander koppeln.“

Deutschland verliert den Anschluss

Jenseits der Streiks sieht Siegloch strukturelle Probleme in Deutschland und Europa und führt als Beleg die schwachen Margen in unseren Breiten an. Die habe bei deutschen Airlines in diesem Jahr gerade mal bei 1,1 Prozent gelegen, US-amerikanische Airlines hätten hingegen 7,6 Prozent verbuchen können. Zwischen 2008 und 2012 sei der Luftverkehr in Dubai um 54 Prozent gewachsen, in Istanbul um fast 58 Prozent und in Doha sogar um 72 Prozent. Der Frankfurter Flughafen sei das Passagieraufkommen gerade mal um 7,6 Prozent gewachsen. „Wir müssen uns sehr anstrengen in Deutschland, um hier nicht für lange Zeit den Anschluss zu verlieren“.

Günstige Tickets

Siegloch glaubt nicht, dass alle Kunden das verstanden haben. Aus Umfragen wissen wir, dass fast die Hälfte der Menschen in Deutschland glauben, dass die Airlines satte Gewinne einfahren. Und fast ein Viertel meint, die Gewinne seien zu hoch. Es gibt eine Menge Phantomwahrnehmungen in Bezug auf den Luftverkehr“, klagt der Verbandpräsident. Vor dem Hintergrund weist er auch die jüngst erhobenen Forderungen von Verbraucherschützern zurück, die die Airlines angesichts stark gesunkener Ölpreise zu einer schnellen Senkung ihrer Kerosinzuschläge auffordern. Die Ticketpreise seien ja zum Beispiel bei Lufthansa und Air Berlin im Laufe des Jahres schon um 3,6  bis 4,4 Prozent gesunken, rechnet Siegloch vor. „Der harte Wettbewerb unter den Airlines sorgt für die bestmöglichen Ticketpreise beim Kunden.“ Man müsse bedenken, dass die Fluggesellschaften das Kerosin zum großen Teil bis zu zwei Jahren im Voraus zu abgesicherten Summen in Dollar einkaufen. „Deshalb kann es nur mit Verzögerungen zu niedrigeren Ticketpreisen kommen.“

Hoffnung für den BER

Aus Sicht seines Wirtschaftszweiges hat die Bundesregierung in diesem Jahr versagt. Die Wirtschaft ist auf den Luftverkehr dringend angewiesen, die meisten Menschen fliegen gern, halten das Fliegen auch für das sicherste und pünktlichste Verkehrsmittel. Aber politisch lässt man die Luftfahrt in Deutschland  am ausgestreckten Arm verhungern“, erklärt Siegloch und führt als Begründung die Luftverkehrssteuer an, die die Branche jedes Jahr mit einer Milliarde Euro belastet, dazu „hohe Gebühren und Abgaben“ für den Emissionshandel, die man außerhalb Europas nicht zahle und Einschränkungen in den Betriebszeiten.

Seine Abrechnung schließt Siegloch dann aber doch mit einem optimistischen Ausblick - zum Thema BER: „Jetzt liegt ja immerhin ein Termin für die Fertigstellung vor, der wohl ausreichend Sicherheitsspielraum gibt“, schreibt er. „Für die Airlines und alle Flughafenbeteiligten ist es vor allem wichtig, terminlich einen verlässlichen Orientierungsrahmen zu haben. Darauf kann man aufbauen.“

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