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Turbulente Zeiten bei Volkswagen: VW-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Bernd Osterloh (l.) und VW-Chef Matthias Müller unterhalten sich bei einer Betriebsversammlung im Volkswagen Werk in Wolfsburg.

© Julian Stratenschulte/dpa

Streit um Bonuszahlungen: VW-Vorstände sollen auf 30 Prozent verzichten

Millionen-Bonus trotz Milliarden-Schadens? Bei Volkswagen wollen nicht alle Top-Manager auf ihre erfolgsabhängige Zahlung verzichten. Am Montag entscheidet das Präsidium.

Im Streit um Bonuszahlungen bei Volkswagen will Vorstandschef Matthias Müller offenbar eine Kürzung um knapp ein Drittel vorschlagen. Die Konzernvorstände sollen angesichts des Abgas-Skandals freiwillig auf 30 Prozent der erfolgsabhängigen Bezüge verzichten, berichtete die „Bild am Sonntag“. Den Vorschlag werde Müller am Montag dem Präsidium des Aufsichtsrates unterbreiten – doch nicht alle der Manager sind mit dem Vorschlag einverstanden.

Auch Martin Winterkorn soll Bonuszahlungen bekommen

Die Regelung würde demnach die neun Vorstandsmitglieder betreffen, aber auch 2015 ausgeschiedene Top-Manager wie Martin Winterkorn. Bereits vergangenen Dienstag habe der VW-Vorstand kontrovers über die Prämienzahlungen diskutiert, schrieb die „Bams“. Während einige Manager Sonderzahlungen derzeit für unangemessen hielten, hätten andere auf die Zahlung der Boni bestanden. Mit seinem Vorschlag wolle Konzernchef Müller nun diesen Streit beenden.

Müller hatte sich im Dezember für Kürzungen der erfolgsabhängigen Bezüge von Mitarbeitern und Vorständen ausgesprochen. Mit Blick auf die Krise sagte er, dass „etwas mehr Demut und Bescheidenheit“ Volkswagen gut anstehe.

Weniger Dividende für Aktionäre

Die 120 000 Mitarbeiter im VW-Haustarif haben wegen roter Zahlen bei der VW-Kernmarke keinen Anspruch auf ihre gewohnte Erfolgsbeteiligung. Sie erhalten alternativ eine Anerkennungsprämie, deren Höhe aber noch unklar ist. Die Volkswagen-Aktionäre müssen sich diesmal auf weniger Dividende einstellen oder womöglich sogar auf eine Minimal-Zahlung.

"Unanständig und charakterlos"

Aus der Politik gab es scharfe Kritik am Verhalten der Manager, die auf die volle Höhe ihrer Bezüge bestehen: „In Zeiten des Abgas-Skandals, in denen ihr eigenes Missmanagement harte Einschnitte für die Beschäftigten bedeutet, sind diese Signale aus der Chefetage unanständig und charakterlos“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Funke Mediengruppe. Anstatt den Vorstand mit üppigen Boni-Kompromissen zu besänftigen, solle Müller den Abgas-Skandal restlos aufklären und im Konzern die Weichen auf Zukunft stellen.

Mehr als eine Politur hat das Image von Volkswagen nötig. Dass einige Top-Manager trotz der Abgasaffäre auf ihren Boni bestehen, dürfte dabei jedoch wenig hilfreich sein.
Mehr als eine Politur hat das Image von Volkswagen nötig. Dass einige Top-Manager trotz der Abgasaffäre auf ihren Boni bestehen, dürfte dabei jedoch wenig hilfreich sein.

© dpa

Insidern zufolge wird sich das Präsidium am Montag nicht nur mit den Bonuszahlungen beschäftigen. Auch der Streit zwischen Betriebsratschef Bernd Osterloh und VW-Markenchef Herbert Diess soll Thema sein. Der Betriebsrat wirft Diess vor, er wolle die Aufarbeitung der Affäre zu einem Stellenabbau nutzen. Auf der Tagesordnung des Aufsichtsratspräsidiums stehe auch der Stand der Untersuchungen einer US-Anwaltskanzlei, die seit Herbst daran arbeitet, die Hintergründe und Verantwortlichen des Abgas-Skandals zu ermitteln. Zudem werde es bei der Sitzung um die angespannte finanzielle Situation des Konzerns gehen.

Beratungen über Jahresabschluss verschoben

Mit der Affäre um weltweit elf Millionen manipulierte Dieselfahrzeuge drohen besonders in den USA hohe Strafen und Prozessrisiken, die laut Konzernkreisen einen zweistelligen Milliardenbetrag erreichen können. Der US-Bezirksrichter Charles Breyer, bei dem die Klagen in den USA gebündelt sind, hat dem Konzern und den US-Umweltbehörden ein Ultimatum bis zum 21. April gesetzt, um eine Lösung für die mehr als eine halbe Million manipulierten Fahrzeuge in den USA zu finden.

Wegen dieses wichtigen Termins verschiebt der Aufsichtsrat auch seine Beratungen über den Jahresabschluss 2015. Das eigentlich für den 20. April anberaumte Treffen werde auf den 22. April verlegt, hieß es am Samstag in Aufsichtsratskreisen. Zuvor hatte das „Handelsblatt“ darüber berichtet. Spätestens bis zur Bilanz-Pressekonferenz am 28. April, die Europas größter Autobauer wegen des Abgas-Skandals verschoben hatte, sollte VW Klarheit haben, wie viel Geld für drohende Strafen zurückgelegt werden muss. Spätestens wenn der Konzern seinen Geschäftsbericht vorlegt, wird auch klar sein, wie hoch die Vorstandsvergütungen ausfallen.

Winterkorn hat noch finanzielle Ansprüche in Wolfsburg

Die Bonidebatte ist bei zwei Personen besonders delikat: Der in der Affäre zurückgetretene Konzern-Vorstandschef Martin Winterkorn hat noch finanzielle Ansprüche in Wolfsburg. „Ich kann bestätigen, dass er einen gültigen Vertrag hat“, sagte ein Konzernsprecher am Sonntag. Für das Jahr 2014 kassierte Winterkorn knapp 16 Millionen Euro Gesamtvergütung. Der Wert seiner Pensionsvorsorge, für die das Unternehmen neben seiner jährlichen Vergütung aufkommt, belief sich zuletzt auf fast 29 Millionen Euro (Barwert zum 31. Dezember 2014).

Winterkorns früherer Finanzchef Hans Dieter Pötsch erhielt für 2014 6,8 Millionen Euro Salär. Der Barwert seiner Pensionsleistung lag zuletzt bei 21 Millionen Euro. Pötsch ist im Zuge des Abgas-Skandals Aufsichtsratschef geworden. In dieser Funktion verdient man weniger. Laut Medienberichten soll sich Pötsch mit dem Wechsel an die Spitze des Aufsichtsrats vertraglich eine zweistellige Millionensumme gesichert haben, um damit den Wegfall seiner finanziell besseren Perspektive als Vorstandsmann aufzufangen. sal/dpa/rtr/AFP

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