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Wirtschaft: Streit um Bündnis für Arbeit wird härter

Gewerkschaften werfen der Bundesregierung in der Wirtschaftspolitik Parteinahme für die Unternehmen vor

Berlin (asi/ce). Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) bemüht sich trotz der Absage der Gewerkschaften, ein neues Treffen im Bündnis für Arbeit zu Stande zu bringen. Bei einem Besuch bei der Bundesanstalt für Arbeit sagte der Minister, dass der „Kampf gegen die Arbeitslosigkeit keinen Aufschub“ vertrage. Deshalb werde er weiter dafür werben, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam mit der Bundesregierung an einen Tisch setzten.

Die Gewerkschaften hatten am Donnerstag die Teilnahme an Bündnisgesprächen abgesagt. Damit reagierten sie auf einen Vorstoß von Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, der eine Ausbildungsplatzgarantie angeboten hatte, im Gegenzug aber die Zustimmung der Gewerkschaften zu Gesprächen über Tarifautonomie und Kündigungsschutz verlangt hatte. Die Arbeitnehmer werfen der Bundesregierung vor, sich einseitig auf die Seite der Wirtschaft geschlagen zu haben.

Während Arbeitgeber und Gewerkschaften sich am Freitag gegenseitig vorwarfen, an der Eskalation der Lage schuld zu sein, kamen aus dem Wirtschaftsministerium versöhnlichere Töne: „Wir wollen den Kündigungsschutz in der Substanz nicht schleifen“, sagte der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Rezzo Schlauch dem Tagesspiegel. Aber insbesondere für kleine Betriebe könne die Schwelle von fünf Mitarbeitern, bis zu der kein Kündigungsschutz gilt, ein Einstellungshemmnis darstellen. „Man muss auch über den Kündigungsschutz reden“, appellierte der GrünenPolitiker an die Gewerkschaften. Sowohl von Arbeitgebern als auch den Arbeitnehmervertretern werde das Thema „zu sehr hochgeschaukelt“, kritisierte Schlauch.

Wirtschaft kritisiert Eichel

Der Vorwurf der Gewerkschaft, die Regierung vollziehe einen zu wirtschaftsnahen Kurs, erhielt am Ende dieser Woche durch das Bekanntwerden eines Spitzengespräches der führenden Wirtschaftsverbände mit dem Kanzler und Finanzminister Hans Eichel neue Nahrung. Bei dem Spitzengespräch am Mittwoch, von dem es im Kanzleramt hieß, es sei in „guter Atmosphäre“ verlaufen, übergaben die Unternehmervertreter einen fünfseitigen Forderungskatalog zur Erneuerung des finanz- uns steuerpolitischen Kurses der Regierung. Darin fordern die Industrieverbände rigorose Maßnahmen zur Ausgabensenkung des Staates und zur Haushaltskonsolidierung. Unter anderem soll dazu bei den Personalausgaben inklusive der Ruhegehälter und Pensionen auf Zuwächse verzichtet werden und im Bundestag ein Ausschuss für Subventionen eingerichtet werden.

Scharf kritisierten die Verbände in ihrer Stellungnahme das Finanzministerium von Hans Eichel. Das Steuervergünstigungsabbaugesetz sei „ein Paradebeispiel miserabler Gesetzgebung: mangelhaft vorbereitet, falsche Berechnungen, dilettantische Parlamentsarbeit und fatale ökonomische Auswirkungen“. Statt Gesetze für niedrige Steuern auf breiter Bemessungsgrundlage zur Konsolidierung der Haushalte zu machen ziele die Politik der Regierung derzeit „allein darauf ab, Mehreinnahmen zu erwirtschaften“.

Vom Kanzler erwarten die Wirtschaftsverbände als Sofortmaßnahme unter anderem die Abschaffung der Bauabzugssteuer. Darüber hinaus soll die geplante Mindeststeuer für Unternehmen auf 25 Prozent der positiven Ergebnisse begrenzt werden, so dass die Unternehmen 75 Prozent des Gewinnes mit Verlusten verrechnen können.

Bei der Besteuerung von Kapitalerträgen schlagen die Verbände eine 20prozentige Besteuerung von Zinsen und Dividenden vor. Um Steuersündern die Rückkehr nach Deutschland zu erleichtern, sollte deren Vermögen und die Erträge 2003 mit zehn, 2004 mit 20 und 2005 mit 30 Prozent besteuert werden - und zwar ohne Kontrollmitteilung. Ein solches Instrument schlagen die Verbände allein für EU-Ausländer vor.

Von Bundesfinanzminister Eichel erwarten die Unternehmen zudem „endlich“ eine Vereinfachung des Einkommensteuerrechts und die wirksame Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges. Eichels Ministerium solle außerdem in Zukunft vor einem Gesetzgebungsprozess sowohl die Bundestagsfraktionen als auch die Länder und Verbände konsultieren.

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