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Wirtschaft: Streit um das Ende des Postmonopols eskaliert

Betriebsversammlungen und Proteste auch in Berlin / Umstrittener Gesetzentwurf heute in Bundestag-Anhörung BERLIN (dw).Wie lange darf die Deutsche Post AG ihr Monopol beim Brieftransport behalten?

Betriebsversammlungen und Proteste auch in Berlin / Umstrittener Gesetzentwurf heute in Bundestag-Anhörung

BERLIN (dw).Wie lange darf die Deutsche Post AG ihr Monopol beim Brieftransport behalten? Nach Auffassung der Bundesregierung soll der Briefverkehr vom 1.Januar nächsten Jahres an teilweise, vom Jahr 2003 an vollständig liberalisiert werden.Danach, so ein Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion kritisch, "darf jeder Briefe befördern, der einen Gewerbeschein hat." Bei der Sitzung des Postausschusses am heutigen Mittwoch im Bundestags werden nahezu unversöhnliche Position aufeinanderprallen.Einen Vorgeschmack gab es bereits am Dienstag: Bundesweite Proteste und Betriebsversammlungen der Post-Beschäftigten ließen die Briefbeförderung und den Schalterdienst vielerorts zusammenbrechen.Nach Angaben der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) protestierte ein Großteil der 300 000 Bediensteten gegen die Liberalisierungspläne. Die DPG sieht bei einer vollen Liberalisierung der Post mehrere 10 000 Arbeitsplätze vor allem bei Zustellern bedroht.Die Versorgung der Bevölkerung in ländlichen Gebieten mit Postdienstleistungen sei gefährdet.Um Einnahmen und Arbeitsplätze zu sichern, fordert die DPG eine Exklusivlizenz für die Beförderung von Brief- und Infopostsendungen bis zu 350 Gramm.Im Gesetzentwurf vorgesehen ist nur die Lizenz für Briefe bis zu 100 Gramm."Wir haben nichts gegen den Wettbewerb an sich, aber er muß fair sein", sagte DPG-Sprecher Rudi Vetter.Die Gewerkschaft befürchte, daß die Wettbewerber mit 610-Mark-Jobs und "Turnschuhbrigaden" die Post "kaputtkonkurrieren".Daher fordere die DPG bei Löhnen und Arbeitsbedingungen Mindeststandards. Postminister Wolfgang Bötsch kritisierte die Protestaktionen: "Es ist das gute Recht der Beschäftigten der Deutschen Post AG, ihre Interessen zu artikulieren.Dies sollte aber nicht auf Kosten der Kundenfreundlichkeit gehen", sagte er. Mit der Aufforderung "Stoppt die Koalition der Posträuber" wandte sich auch die SPD-Fraktion im Bundestag gegen den Gesetzentwurf.Er provoziere die "massenhafte Ausweitung ungeschützter Arbeitsverhältnisse", so der postpolitische Sprecher der SPD, Hans Martin Bury.Zudem seien höhere Preise und schlechterer Service sowie verstärkter Arbeitsplatzabbau bei der Post AG zu erwarten.Der Deutsche Industrie- und Handelstag nannte diese Ängste unbegründet: Es gebe immerhin den Verfassungsauftrag, die Versorgung der Bevölkerung mit Post-Dienstleistungen im Wettbewerb sicherzustellen.Ebenso erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), es gebe keinen Anlaß, ein monopolisiertes Angebot aufrecht zu erhalten.Man brauche "mehr Farbe in der gelben Landschaft." Die Verbraucherverbände zeigten sich uneinig.Während die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände warnte, der Gesetzentwurf gefährde die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen, forderte der Vorsitzende des Deutschen Verbandes für Post und Telekommunikation, Wilhelm Hübner, die völlige Liberalisierung."Im Interesse der Post-Kunden und im Interesse des Wirtschaftstandortes Deutschland darf es nach 1997 kein irgendwie geartetes Monopol für die Post mehr geben", sagte der Vorsitzende des ehemaligen Postbenutzerverbandes.Schon jetzt habe die Post wegen ihres flächendeckenden Angebotes einen beträchtlichen Wettbewerbsvorteil vor privaten Anbietern und bedürfe keines Schutzes mehr.

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