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Wirtschaft: Streit um die Schuld

Vor dem Treffen von IWF und Weltbank machen sich USA und Europa gegenseitig Vorwürfe

Washington - Bei IWF und Weltbank herrscht vor der Herbsttagung eine Stimmung wie vor einem schweren Gewitter. Anders als bei früheren Treffen sind Binnenreform und Neuverteilung der Stimmrechte diesmal nicht die großen Themen. Die globale Finanzkrise überlagert alles – nur sind weder IWF noch Weltbank bisher involviert.

Das Epizentrum des Bebens liegt in den USA, der größten Volkswirtschaft.Die wird sich kein Geld beim IWF borgen, das ist anders als bei Südamerika- oder Asienkrise. Die Frage ist vielmehr: Wie offen wird die Kritik am US-Finanzmodell geäußert, wenn sich Finanzminister und Notenbanker aus aller Welt am Wochenende in Washington treffen – und wie sehr beschädigt die Krise den Führungsanspruch der USA? Europäer bei IWF und Weltbank sagen ungeschminkt, sie halten die USA für den Hauptschuldigen. Amerika habe, erstens, seit Jahren eine stärkere internationale Finanzaufsicht abgelehnt. Zweitens stammen die „faulen Kredite“, die auch in Europa Banken in die Pleite ziehen, aus den USA.

„Die Amerikaner werden sich viele harte Fragen anhören müssen“, lautet die Prognose eines europäischen Gesprächspartners für das Treffen. Bisher deute freilich nichts daraufhin, dass sich die USA in die Rolle des Sündenbocks fügen werden. Ihre amerikanischen Partner sagten zwar auch, dass in den USA vieles schiefgelaufen sei. Schuldzuweisungen kontern sie aber mit dem Hinweis, auch in Großbritannien und in Spanien habe es Immobilienblasen gegeben. Zudem falle es den EU-Ländern schwer, sich auf eine klare Strategie im Krisenmanagement zu einigen. Man sehe es am Dollar. Der steigt, trotz US-Krise – weil der Euro als Fluchtwährung nicht überzeugender sei.

Da werden zwei gegensätzliche Sichtweisen aufeinanderprallen. Viele Europäer sehen sich ohne größeres Eigenverschulden in den Strudel einer Krise „made in the US“ hineingezogen, die nun alle westlichen Industriestaaten in eine Stagnation stürzt – der IWF selbst erwartet für den Euroraum im kommenden Jahr ein Wachstum von gerade mal 0,2 Prozent. In Deutschland soll die Wirtschaft stagnieren. In Italien, Großbritannien und Spanien sogar schrumpfen. Amerika weist die alleinige Schuld daran von sich und spricht von einer „globalen Krise“.

Wie künftige Krisen zu vermeiden sind, wollen die sieben größten Industriestaaten (G 7) schon vor der IWF-Tagung am Freitag diskutieren. In einem Brief an seine Amtskollegen schlug Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Mittwoch einen Acht-Punkte-Plan vor, um das Weltfinanzsystem zu stabilisieren. Dabei geht es unter anderem darum Finanzprodukte transparenter zu machen und Bankmanager stärker für Fehler in Haftung zunehmen. Auch das Vergütungssystem der Banker soll überprüft werden. Zudem fordert Steinbrück eine engere Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden. In seinem Brief betonte Steinbrück noch einmal den Ernst der Lage. „Es gibt bisher keine Anzeichen, wann diese Krise enden könnte.“ cvm

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